„In den Köpfen globalisieren“

ASYL In Hamburg fehlen immer noch Unterkünfte für Flüchtlinge, der Zukunftsrat lädt zur Debatte

■ 53, die Rechtsanwältin ist SPD-Abgeordnete der Bürgerschaft und Vorsitzende der Flüchtlingshilfe Harvestehude.

taz: Frau Blandow-Schlegel, kommt die Flüchtlingsunterkunft in Harvestehude für bis zu 220 Menschen trotz des verhängten Baustopps?

Hendrikje Blandow-Schlegel: Ja. Am Anfang steht immer eine politische Entscheidung und die ist bereits gefallen. Jetzt müssen noch die rechtlichen Grundlagen angepasst werden, an denen der Bau momentan scheitert und die hier, wie auch in vielen anderen Fällen, schon lange nicht mehr die Lebensrealität widerspiegeln. Das dauert noch ein Jahr, vielleicht auch zwei. Aber kommen wird die Einrichtung ganz sicher.

Wieso gibt es in Harvestehude Widerstand gegen die Unterkunft?

Gegen soziale Einrichtungen wird an vielen Stellen geklagt, nicht nur gegen Flüchtlingsheime. Ein gutes Beispiel für die Anpassung der rechtlichen Grundlagen ist zum Beispiel die Unterkunft in Nedderfeld. Dort verhinderte zunächst das gewerbliche Umfeld den Bau einer Unterkunft. Doch jetzt hat sich die Rechtsprechung geändert und wir können auch auf Gewerbeflächen eine Wohnunterkunft einrichten.

Wie viele neue Unterkünfte wird Hamburg in den nächsten Jahren noch brauchen?

Das ist schwer zu sagen. Ziel muss es sein, Wohnungen zu schaffen, damit wir die Massenunterkünfte entlasten können. Da bin ich hoffnungsfroh, denn 2014 wurde das erste Mal das angepeilte Ziel von 2.000 solcher Wohnungen erreicht. Auch 2015 sollte das klappen. Angesichts der 12.000 allein im vergangenen Jahr in Hamburg untergebrachten Flüchtlinge können wir die Suche nach neuen Unterkünften nicht einstellen.

Sehen Sie die Zuwanderungszahlen als Chance oder Gefahr für Hamburg?

Ich sehe sie als Chance, nicht nur für unsere Stadt, für die ganze Gesellschaft. Diese Menschen sind die kulturelle Bereicherung, die wir brauchen, um uns nicht nur auf den Märkten, sondern in den Köpfen zu globalisieren.

Wie sehr wird diese Entwicklung das Stadtbild verändern?

Es wird bunter. Wenn ich etwa durch London laufe, sehe ich eine total vielfältige Stadt. Ich freue mich, wenn Hamburg genauso bunt wird. Unsere Herausforderung wird es sein, die Wahrnehmung des Fremden als etwas Bedrohliches endlich zu überwinden.  INTERVIEW: BOT

Diskussion „(Will-)Kommen, um zu bleiben“ mit Hendrikje Blandow-Schlegel, Vassilis Tsianos (Uni Hamburg) und Rembert Vaerst (fördern und wohnen): 20.30 Uhr, Rudolf-Steiner-Haus, Mittelweg 11