Keine extra Pestizidgrenzen für Ökolebensmittel

ESSEN EU-Agrarminister reformieren die Biobranche, Deutschland setzt seine Linie durch

BRÜSSEL afp | Die europäischen Landwirtschaftsminister haben sich auf eine Reform der Regeln für Biolebensmittel verständigt, nach langer Debatte und trotz Vorbehalten einiger Länder.

Die Bundesregierung ist mit der Reform zufrieden. „Wir kommen mit dieser allgemeinen Ausrichtung der Verbesserung des Schutzes des Verbrauchers sehr viel näher“, urteilte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU).

Auch die deutschen Biolandwirte dürften mit dem Ergebnis gut leben können. Denn im wohl umstrittensten Punkt setzte sich die Linie durch, für die sich Deutschland und die hiesigen Branchenvertretern ausgesprochen haben. Demnach wird es auch künftig keine speziellen Grenzwerte für Rückstände von Pestiziden und anderen unerwünschten Stoffen in Biolebensmitteln geben. Es gelten weiterhin gleiche Grenzwerte für alle Lebensmittel, ob Bio oder nicht.

Dessen ungeachtet können Verbraucher weiter damit rechnen, dass Biolebensmittel weniger mit Schadstoffen belastet sind. Das soll aber nach dem Kompromiss weiterhin durch sogenannte Prozesskontrollen sichergestellt werden. Dabei nehmen Kontrolleure die Betriebe unter die Lupe, die ökologische Lebensmittel herstellen oder verarbeiten. Die Kontrollen sollen generell mindestens einmal im Jahr stattfinden. Zugleich sieht der Kompromiss aber vor, sie künftig stärker nach Risiken auszurichten: „Art und Häufigkeit der amtlichen Kontrollen werden auf der Grundlage der Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes festgelegt“, heißt es.

Abgeschlossen ist die Reform damit noch lange nicht. Die Beratungen mit dem EU-Parlament beginnen erst. Für die Länder mit eigenen Ökogrenzwerten, zum Beispiel Belgien, wurde eine Übergangszeit vereinbart. Innerhalb dieser Periode dürfen sie die strengeren Grenzwerte für im eigenen Land produzierte Waren aufrechterhalten.

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) argumentierte im Vorfeld, dass Ökolandwirte gar nicht selbst für Schadstoffe in ihren Produkten verantwortlich sein müssen. Stattdessen können etwa Düngemittel von Nachbarbauern, die konventionell wirtschaften, auf die Biofelder hinüberwehen. Die Prozesskontrollen bei den Biobauern sorgen dieser Linie zufolge aber dennoch dafür, dass in Biowaren viel weniger Rückstände sind. Von der Gegenseite wird hingegen vorgebracht, dass nur Produktkontrollen die Bioqualität der Waren abschließend garantieren könnten.