Frankfurter Luxuskosmetik

STIL Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ erscheint nun in einer Art neuem Look. Über die eigentlichen Probleme von „FAZ“ und „FAS“ kann der allerdings nicht hinwegtrösten

Was bei der „FAZ“ vor allem ins Auge sticht, ist die Einbuße an journalistischer Qualität

VON JAN FEDDERSEN

Seit knapp 14 Jahren erscheint sonntags eine Variante der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die F.A.S., so ihr Kürzel, sollte sich nie als Fortsetzung der werktäglichen Publizistik in den siebten Tag der Woche hinein verstehen. Der Erfolg der gewissen Autonomie der Sonntagszeitung vom Tanker FAZ gab dem Mühen ihrer Erfinder recht: Frank Schirrmacher konnte schon Tage nach der ersten Ausgabe der F.A.S. seinen FAZ-Herausgeberkollegen vermelden, mit knapp einer Viertelmillion verkaufter Auflage dem Haus eine ernst zu nehmende Konkurrenz zur Welt am Sonntag aus dem Hause Springer auf den Markt gebracht zu haben.

Abgesehen vom FAZ-Magazin, das mehrmals jährlich als Hochglanzbroschüre für das hochpreisige Leben erscheint und sich der famosen Anzeigenentwicklung als profitables Projekt erweist, hat das FAZ-Haus kein weiteres Projekt von publizistischer Bedeutung entwickeln können. Die F.A.S. gedieh prächtig – zunächst. 2012 erreichte das Sonntagsblatt eine verkaufte Auflage von rund 360.000 Exemplaren. Seither sinkt die Verkäuflichkeit, aktuell sollen es 288.123 Stück sein.

Zahlen, die im Haus an der Frankfurter Hellerhofstraße alarmieren mussten. Auch die Werktagsausgabe verliert stetig an Auflagenmacht. Seit zwei Jahren wird an allen Ecken auch im journalistischen Bereich gespart. Seit März merken das auch die Bahnfahrer und Vielflieger: In der ersten Klasse der Züge gibt es FAZ und FAS nicht mehr umsonst. Auch an den Flughäfen findet man sie kaum noch in den Zeitungsstapeln.

Trotzdem ist mit einigem Geld der Sonntagsausgabe eine gewisse Auffrischung im Layouterischen verordnet worden. Die erste Ausgabe ist gestern erschienen. Aus der gröberen Distanz freilich haben sich nur wenige erhebliche Details geändert: Der Politikteil macht den Auftakt, es gibt den Sport, das Feuilleton, den Wirtschaftsteil, die Reiseseiten, auch Sparten zu Automobilem, zum Wohnen und zum sogenannten „Leben“. Dieser Teil allerdings findet sich im Aufbau der Zeitung ab sofort als zweites Buch – also gleich hinter dem politisch aktuellem Teil.

Art Director Peter Breul, dessen Handschrift das vielfach seines Aussehens wegen preisgekrönten Blatts die F.A.S. seit deren Erfindung prägt, hat der Zeitung eine gewisse Luftigkeit verpasst. War jedoch bislang die erste Seite die Chiffre „Frankfurter Allgemeine“ am stärksten hervorgehoben, das Wort „Sonntagszeitung“ nur klein beigefügt, verhält es sich nun umgekehrt. Die Frakturschrift ist auf ein schmales F eingedampft, prononciert ist nun das Wort „Sonntagszeitung“. Der Rest freilich ist gleich geblieben: Die Zeitung sieht immer noch, vielleicht mehr denn je, eleganter und lesbarer aus als die SZ – selbst deren Wochenendausgabe – oder die Zeit, welche immer noch so aussieht wie vor 35 Jahren, allen spitzfindigen Layoutabschmeckereien seither zum Trotz.

Viel Wind um wenig, mithin. Was bei der FAZ vor allem ins Auge sticht, ist die Einbuße an journalistischer Qualität. Die F.A.S. war von Frank Schirrmacher lanciert worden, die Publizistik des eigenen Hauses relevant zu halten. Debatten, die wirklich die interessierte Republik beschäftigten, waren gang und gäbe. Big Data, Demokratie in Zeiten der Politikverdrießlichkeit, Demografie, Schwarz-Grün, Europa: JournalistInnen, die ihre Meriten nicht erst durch jahrelange Buckelei vor den Herren der FAZ-Politikredaktion Wohlgefallen sammeln mussten, wurden eingekauft. Die wichtigsten unter ihnen verließen nach Schirrmachers Tod vor einem Jahr das Haus: Nils Minkmar und Volker Weidermann fanden bessere Bedingungen beim Spiegel, Dirk Schümer bei der Welt, genauso Kunstexpertin Swantje Karich.

Die Stimmung (nicht nur) im Feuilleton ist schlecht, die journalistische Lage entfernt sich immer mehr von dem, was aufmerksamkeitsökonomisch für jede Zeitung wichtig ist. Ideen, die an- oder aufregen über die jeweiligen Fachfelder hinaus – Fehlanzeige. Das FAZ-Feuilleton hat sich weitgehend zu dem entwickelt, was Kritiker des verstorbenen Schirrmachers sich von einem Kulturteil einer Zeitung wünschen: ein feines Heftchen der Rezensionen mit einer Fülle von Befindlichkeiten.

Dass die F.A.S. eine Zeitung bleibt, die seit dem 30. September 2001 das Modernste des konservativ gesinnten Hauses verkörpert, bleibt ja wahr. Nur stimmt auch: Einen Relaunch der Sonntagszeitung solle man die kosmetische Behandlung nicht nennen, hieß es seitens der FAZ. Zutreffend: Ein flotter anmutendes Make-up macht noch keine Idee gegen die Zeitungskrise.