DIE POLITIK DER KUNST
: Viel allgemeine Theorie

Das Goethe-Institut hat – wie sich im Lauf des von ihm initiierten Symposiums mit dem Titel „Die Politik der Kunst“ herausstellte – allen Grund, einmal nachzufragen, wie es sich denn verhält mit der Kunst und der Politik. Denn egal ob Leonhard Emmerling, Leiter des Bereichs Bildende Kunst der Goethe-Zentrale in München, sprach oder Christoph Bartmann, Leiter der Goethe-Instituts New York, es sprach die durch partizipative Kunst leidgeprüfte Institution.

Der Mitveranstalter, die Akademie der Künste, mit ihrer neuen Präsidentin Jeanine Meerapfel war da kaum eine Hilfe. „Confusion/Diffussion“, der audiovisuelle Essay der Filmemacherin und des Komponisten Floros Floridis, setzte auf politischen Inhalt und formale Avantgarde; auf schöne Bilder, die griechisch-deutsche Missverständnisse illustrierten, unterlegt und begleitet von elektronischer wie auch Livemusik und Livevortrag. Allein, es gab in dem seltsam zeitlos wirkenden Filmchen nichts zu sehen und zu hören, was neu oder anders gedacht und demnach erkentnisstiftend gewesen wäre.

Jeanine Meerapfel war auch schon die einzige Künstlerin des Symposiums. Mit Alexander García Düttmann, Ines Kleesattel, Isabelle Graw, Christoph Menke, Christian Janecke, Christian Bermes und last, not least Sabeth Buchmann dominierten die Kunsttheoretiker und Philosophen. Deutlich fehlte auch eine Stimme, die Politik nicht allein als außerparlamentarischen Aktivismus verstanden hätte.

Dieser prägte nun aber den Verlauf der Debatte, in seiner Form der sogenannten partizipativen Kunst, man denke an Rimini Protokoll, wie es etwa Alexander García Düttman (UdK Berlin) tat. Also wurde gefragt, ob die Einladung, am Projekt oder Prozess der Kunst teilzunehmen, die Politik der Kunst sei. Um dann im Großen und Ganzen zu antworten, dass in der Ermächtigung des Rezipienten mitnichten ihr emanzipatorisches Potenzial zu bergen sei.

Entsprechend war der französische Philosoph Jacques Rancière in aller Munde, der das emanzipatorische, politisch wirksame Moment der Kunst bejaht, es freilich aber in ihrer immanenten Widerständigkeit und Autonomie verortet. Allerdings unterschieden sich die Weisen, diese Autonomie zu bestimmen, erheblich. Isabelle Graw (Städelschule Frankfurt) machte in ihrem Vortrag zum kunstkritischen Werturteil dankenswerterweise darauf aufmerksam, dass es in den Wertbildungsprozess eingebunden und weder unschuldig noch außen vor sei. Schon historisch gehen Autonomie und Kunstmarkt zusammen. Dagegen verfing dann der Vorschlag von Christoph Menke (Uni Frankfurt), Schönheit entgegen dem Zeitgeist nicht als Wert, sondern als subjektabgewandte Kraft zu begreifen und darin das Ästhetische als politisch zu denken, nicht wirklich. Aufschlussreicher Sabeth Buchmann (AdK Wien), die die Probebühne mit ihrem situativen Widerstreit gegen das herrschende Regelwerk als Möglichkeit künstlerischer Autonomie analysierte. Christian Janeckes (HfG Offenbach) erhellende Provokationen gipfelten dagegen apodiktisch in der Aussage: „Der Verzicht auf Autonomie gehört zur zeitgenössischen Kunst. Sie will es nicht anders.“ BRIGITTE WERNEBURG