KURZKRITIK: JAN-PAUL KOOPMANN ÜBER „IM RAUSCH“
: Ekstase geht anders

Was der Bremer Kunst zum Rausch einfällt, ist leider nur der Katzenjammer. Da zeigt die Städtische Galerie eine Serie von Abstürzen, Zerfaserungen und Zusammenbrüchen vermeintlicher Realität. Rausch ist hier, wenn etwas nicht mehr funktioniert – und wird so doch nur von der Nüchternheit her gedacht.

Nun ist das Berauscht-Sein ja wirklich etwas, das zunächst der Einzelne zu bewältigen hat. Diesen mitunter schmerzhaften Prozess nachfühlbar zu gestalten, ist einigen der Arbeiten auch durchaus gelungen. Ob als Voyeur oder in Gedanken an eigene Zusammenbrüche – der Anblick ist beklemmend. Eins aber kommt dabei zu kurz: die Gesellschaft nämlich, zu der Rausch und Berauschte doch untrennbar gehören.

Da kollidiert nichts, da wird nichts gestört. Und die Entgrenzung bleibt das Problem derer, die mit dem Zeug nicht umgehen können. Das liegt wohl auch an der Entscheidung, sich ausgerechnet auf Bier zu kaprizieren – das wohl gezähmteste und belangloseste aller Rauschmittel. Immerhin lässt sich so der 30. Geburtstag der im alten Brauhaus untergebrachten Galerie feiern. Und es mag es ja auch ganz nett sein, im eigens eingerichteten Biergarten an der Kleinen Weser zu sitzen.

Der Rausch aber verspricht mehr: die Verhältnisse aufzubrechen vielleicht – mindestens aber, trotz des Elends ein bisschen glücklich zu sein. Klar, die Zeit von Drop-outs auf LSD und politischen Haschrebellen ist vorbei. Sie muss auch nicht betrauert werden. Doch den Rausch ins Individuelle abzuschieben und ihn durchweg als Scheitern zu inszenieren – das ist ein großer Schritt zurück in protestantische Maßhalterei. Da war Kunst schon mal weiter.

Bis 23. August, Städtische Galerie