DIE GESELLSCHAFTSKRITK
: Ein sauberer Roter

WAS SAGT UNS DAS? Edel, wortkarg und wild – eben wie ein Wehrmachtsoffizier: Dafür liebten die Westdeutschen Pierre Brice. Nun hat er den Tomahawk abgegeben

Im glücklicherweise utopischen Roman „Wenn das der Führer wüßte“ sind die nordamerikanischen Indianer die treuesten Verbündeten der im Zweiten Weltkrieg siegreich gebliebenen Nazis. Das böse Buch des Wieners Otto Basil erschien 1966, als die Welle der Winnetou-Filme schon wieder ihrem Ende zuging. Sie sind heute – sieht man von der Musik und manchem schönen Still ab – nicht mal als Trash genießbar.

Für die schönen Momente war eindeutig der 1929 im bretonischen Brest als Pierre Louis Baron de Bris geborene Pierre Brice zuständig. Der Mann war einfach ein klassischer Beau, dessen Planstelle als Schauspieler in seiner Heimat Frankreich allerdings schon besetzt war: vom animalisch aufgeladenen Jean-Paul Belmondo, vom unergründlichen Alain Delon. Dass seine Karriere im Nachnaziwestdeutschland (und nur dort) so groß wurde, hing wohl nicht zuletzt damit zusammen, dass seine Verkörperung des wortkarg-edlen Apachenhäuptlings in heroischer Zeit den Landsleuten so genau in das Bild vom anständigen Wehrmachtsoffizier und wortkargen, aber sauber gebliebenen Waffen-SS-Mann passte, das sie selbst (und nur sie) sich zurechtgelegt hatten.

Pierre Brice konnte dafür am allerwenigsten – der Mann war immerhin Botenjunge in der Résistance und sah Winnetou wohl tatsächlich eher in der Tradition seines Schöpfers Karl May als den eigentlich Kultivierten unter lauter Wilden. Am Samstag ist Pierre Brice im Alter von 86 Jahren in Paris gestorben. AW