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Archiv-Artikel

DIE DREI FRAGEZEICHEN „Eine Art Staatsterrorismus“

WER? Die Website „Drone Memorial“ listet die Opfer des US-amerikanischen Drohnenkriegs auf

taz: Herr Feroz, warum gibt es das „Drone Memorial“?

Emran Feroz: Es gibt für alle möglichen Terroropfer Orte der Erinnerung. Ich habe mich gefragt, warum es das nicht auch für die Opfer der Drohnenangriffe gibt, die für mich eine Art von Staatsterrorismus darstellen. Seine Opfer sind aber kaum bekannt. Ich will ihnen einen Namen geben. Denn die meisten Drohnenopfer sind Zivilisten. Das Bureau of Investigative Journalism in London geht davon aus, dass nur 12 Prozent der Opfer als Terroristen bezeichnet werden können. Sie haben Leute vor Ort und dokumentieren auch einzelne Fälle – zum Beispiel den einer 67-jährigen Frau, die in ihrem Garten beim Gemüsepflücken vor ihren Enkeln von einer Drohne getroffen wurde. Abgesehen davon gibt es aber auch absolut keine rechtliche Grundlage, Terroristen ohne Gerichtsurteil zum Abschuss freizugegeben, zumal die Definition, wer als Terrorist gelten kann, äußerst schwammig ist.

Der US-Militärflughafen in Ramstein dient als Schaltstelle, für die Drohnenangriffe. Wie sollte sich die Bundesregierung dazu verhalten?

Der BND liefert der NSA und der CIA Daten zu Angriffszielen. Dazu wurden etwa Flüchtlinge in Deutschland verhört. Die werden den Beamten vom Geheimdienst natürlich sagen, was die hören wollen, weil sie Angst haben, sonst abgeschoben zu werden. Und es gab auch schon deutsche Drohnenopfer – den Konvertiten Patrick K., der vor Jahren nach Waziristan ausgereist ist und der dort von einer Drohne getötet wurde. Obwohl es keinen Beweis gab, dass er dort an terroristischen Aktivitäten beteiligt war, ist die Haltung der Bundesregierung eindeutig: Wer nach Waziristan ausreist, ist selbst schuld, wenn er dort stirbt. Ich finde das schwer erträglich.

Warum geht Ihnen das Thema persönlich nahe?

Als ich letztes Jahr in Afghanistan war, um von den Wahlen zu berichten, habe ich dort auch Verwandte getroffen. Die haben mir von einem Cousin zweiten Grades berichtet, der von einer Drohne getötet wurde. Zahir Aslamyar war Mitte dreißig und aus Kabul nach Waziristan gereist, um dort Freunde zu besuchen. Sie saßen zusammen und haben Tee getrunken, als eine Drohne einschlug. Er hinterlässt seine Mutter, seine Frau und zwei Kinder. Das Drone-Memorial ist ein Mittel, auch an ihn zu erinnern.

INTERVIEW: DANIEL BAX

Emran Feroz, 23, ist österreichisch-afghanischer Journalist und rief die Online-Gedenkstätte ins Leben www.dronememorial.com