Eine rein formale Angelegenheit

HOMO-EHE Nach dem erstaunlichen Erfolg des Referendums zur Homo-Ehe in Irland wird auch in Deutschland wieder über die Gleichstellung homosexueller Partnerschaft und Ehe debattiert. Nicht alle sehen darin einen Fortschritt. Weg mit der Ehe, fordern sie

■ betr.: „Ehe für alle? Weg mit der Ehe!“, taz vom 30. 5. 15

Nach all den lobenden Worten für die Abstimmung des irischen Volkes zur Homo-Ehe tat es wirklich sehr gut, mal eine kritische Stimme zu vernehmen, die das reaktionäre Konzept der Gleichstellung mit der Ehe thematisiert, danke, Malte Göbel. Auch dafür, dass Sie ein anderes „Familien“-Bild angedeutet haben. Wie sage ich immer so treffend: Es ist nichts so schön wie die eigene Meinung aus dem Mund von anderen zu hören.

Als in Frankreich der Zivile Solidaritätspakt (Pacs) diskutiert und etabliert wurde (heute machen mehr Heteros davon Gebrauch als Lesben und Schwule), wäre die Gelegenheit gewesen, ein vergleichbares Modell für Deutschland zu entwickeln, das für alle Menschen gilt, die in einer Partnerschaft leben. Leider beschränkt sich der Lesben- und Schwulenverband auf eine Politik des „Wir auch!“, statt ein anderes Modell des Zusammenlebens zu konzipieren nach dem Motto „Familie ist, wo Verantwortung für andere Menschen übernommen wird.“ URSULA G. T. MÜLLER, Kiel

■ betr.: „Ehe für alle? Weg mit der Ehe!“, taz vom 30. 5. 15

Der Artikel hat’s auf den Punkt gebracht. Die Ehe ist eine rein formale Angelegenheit, die wenig Aussagekraft über die Liebe der Partner zueinander hat. Der Trauschein ist oft nichts weiter als ein Stück Papier.

JULIA ENGELS, Elsdorf

■ betr.: „„Ehe für alle? Weg mit der Ehe!“, taz.de vom 30. 5. 15

In eindrucksvoller Weise hat Heinrich der VIII. von England aufgezeigt, dass und warum der Begriff der Ehe seit Jahrhunderten nur auf Paare unterschiedlichen Geschlechts bezogen war. Leidenschaft, Lust und Mord, dazu überragend Fortpflanzungswille, aber auch gesellschaftliche Regeln, Frust und Moral lassen sich in seiner Person und die seiner sechs Frauen nachvollziehen und bedauern.

LINDENSTOCK, taz.de

■ betr.: „„Ehe für alle? Weg mit der Ehe!“, taz.de vom 30. 5. 15

Lesben, Schwule und solidarische Heteros haben mit der Eingetragenen Partnerschaft (in einigen Ländern) und der Ehe für alle (in anderen Ländern) einen riesigen Erfolg für gleiche Rechte errungen. Vollständige Bürgerrechte sind das selbstverständliche Ziel aller Minderheiten. Und natürlich bezieht sich das auf den vorhandenen Staat, die vorhandene Gesellschaft. Der Autor darf gerne weiter privat von der Weltrevolution träumen, für Leute mit echten sozialen Anliegen sind diese Fortschritte ein erstklassiger Beitrag unserer Generation und der Beweis, das Gesellschaften sich zum Besseren entwickeln können.

MARK2013, taz.de

■ betr.: „Ehe für alle? Weg mit der Ehe!“, taz.de vom 30. 5. 15

In der Bundesrepublik sind heute nicht einmal 34 Millionen von über 80 Millionen Menschen verheiratet oder verpartnert (Eingetragene Partnerschaft – eine Light-Version der Zivilehe), 35 Prozent davon lassen sich scheiden, noch mehr Ehen sind zerrüttet. Diese zum Scheitern programmierte Minderheit stützt diese Gesellschaft nicht, sondern sie kostet sie viel, sehr viel Geld: Subventionen wie Ehegattensplitting und verschwenderischen Auszahlungen im Gießkannenprinzip selbst für Wohlhabende.

Aber meine unverheiratete, allein erziehende Nichte, Hochschulabsolventin, berufstätig, die ihr Leben gestaltet und den Lebenslauf ihres Kindes zu verantworten hat, wird vom Staat bewusst benachteiligt. Das ist ein Skandal. ROBERT NIEDERMEIER, taz.de

■ betr.: „Ehe für alle? Weg mit der Ehe!“, taz vom 30. 5. 15

Wenn Ehe heißt „Ja“ zu dem Menschen, den ich liebe und mit dem ich alt werden will, zu sagen, ist alles okay, aber heute wird eine Unterscheidung zwischen Ehe im Sinne von „für einander einstehen müssen und/oder wollen“ auf der einen Seite und „Vergünstigungen“ (gemeinsame Besteuerung) auf der anderen Seite gemacht. Beides oder keines wäre fair, alles andere ist schlechte (weil unfaire) Politik! Und das betrifft nicht nur die gleichgeschlechtliche eingetragene Partnerschaft. Es gibt inzwischen im deutschen Recht, durch Juristen erschaffen, so was wie eine (man kann es nicht anders ausdrücken) „Staatlich verordnete Zwangsehe“. Wer (warum auch immer) als Paar auftritt, muss den Partner, wenn der „Hartz-IV-Bezieher“ ist, finanziell versorgen. Da reicht schon das Ausleihen des Autos (Anti privates Car-Sharing-Programm) oder der mehrmalige gemeinsame Besuch von Freunden. Das ist keine bewusste, gewollte Entscheidung der Partner, sondern ein Anlass, aus dem politisch gewollt und stellvertretend für die Beteiligten eine Entscheidung getroffen wird. Das alles wurde nicht offen kommuniziert, sondern heimlich durchgesetzt. Gemacht hat das eine Allianz aus Politikern, Juristen und dem Manager Peter Hartz.

AUREL JAHN, Darmstadt

■ betr.: „Ehe für alle? Weg mit der Ehe!“, taz.de vom 30. 5. 15

Guter Artikel! Es ist nicht akzeptabel, dass Verheiratete weniger Steuern bezahlen als Unverheiratete. Wer alleine lebt, hat sowieso schon höhere Lebenshaltungskosten. Dass der Staat Kinder fördern soll, steht auf einem anderen Blatt. Mit Ehe hat das nichts zu tun. Ich habe aber auch nichts dagegen, wenn Menschen heiraten wollen. Man sollte halt nur die Zweiklassengesellschaft zwischen Verheirateten und Unverheirateten abschaffen.

SEPH TANNHUBER, taz.de

■ betr.: „Traut euch endlich!“, taz.kirchentag vom 3. 6. 15

Glaube, Religion und Kirche: Die unheilvolle Dreieinigkeit hat anlässlich des evangelischen Kirchentages auch die taz in Besitz genommen. Der Artikel von Kerstin Söderblom hinterlässt leider den Eindruck, dass eine Ehe, egal ob heterosexuell oder homosexuell, ihre Legitimation erst durch den kirchlichen Segen erhält. Diese Anmaßung ist typisch für eine Religionsgemeinschaft, die seit Jahrzehnten anbiedernd der gesellschaftlichen Entwicklung hinterherhechelt. Ich akzeptiere jede Form des Glaubens unter zwei Voraussetzungen: Verzicht auf Missionierung von „Ungläubigen“ und Verzicht auf die Wahrheitsanmaßung, leider unterscheiden sich die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland nur in Nuancen.

ROLF SPERBER, Graben-Neudorf

■ betr.: „In Gottes Namen: Ja“, taz vom 3. 6.15

Nach des Menschen Willen und Entscheidung: Ja. Aber eine Eheschließung im religiösen Sinne ist doch mehr als die Entscheidung zweier Menschen füreinander, auch wenn sich der tiefere Sinn einer Ehe in der heutigen Zeit nicht unmittelbar ergeben mag. Insofern: Geben wir den Menschen die Entscheidungsfreiheit, aber lassen den Segen im spirituellen Sinne bitte außen vor.

THOMAS SCHOTT, Kappelrodeck