LESERINNENBRIEFE
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Kleinbauern stärken

■ betr.: „Landwirtschaft als Geschäftsmodell“, taz vom 30. 5. 15

Der Vorgang, über den berichtet wird, könnte geradezu als abschreckendes Beispiel für die Form von verfehlter Agrarpolitik bezeichnet werden. Kleinbauern wurden mit Krediten ausgestattet, damit sie sogenanntes modernes Saatgut und Düngemittel kaufen können. Das Ganze noch staatlich subventioniert. So verlieren die Bauern ihre Unabhängigkeit, denn eigene Betriebsmittel wie eigenes Saatgut und eigene Düngemittel verleihen Unabhängigkeit von weltweit agierenden Agrarkonzernen. Auch die Behauptung, modernes Saatgut, sprich Hybrid- und Gentechniksaatgut, würde bessere Erträge bringen, ist bereits widerlegt. Dass ein Minister, der die Landwirtschaft zu einer Branche macht, in der Betriebsmittel gekauft werden, anschließend zum Präsidenten der Afrikanischen Entwicklungsbank gekürt wird, ist in dieser Denkweise nur logisch.

Hoffentlich wird sein Nachfolger nicht denselben Weg gehen, sondern die Kleinbauern tatsächlich stärken und ihnen helfen, unabhängig vom Agrobusiness gesunde Lebensmittel zu produzieren. Kleinbauern ernähren bis heute erfolgreich den größten Teil der Weltbevölkerung. Konzerne wie Monsanto, Syngenta oder BASF denken in erster Linie an ihr Geschäft, auch wenn sie gerne behaupten, sie würden an die Ernährung der Hungernden denken. Klar, wenn man damit Geld verdienen kann, aber das haben Arme in der Regel nicht zu bieten. BARBARA KELLER, Mainstockheim

Abseits ausgetretener Pfade

■ betr.: „Gnadenhof Hammels Hoffnung“ von Gabriele Goettle, taz vom 1. 6. 15

Liebe taz, ich schätze euch sehr für Artikel, wie den über die interessante Frau Seydel. Das ist auch so schön abseits der ausgetretenen Pfade und man erfährt doch so viel. Es ist wirklich schockierend, was mit unserem Boden so gemacht werden darf. Wer wundert sich da noch, dass in Deutschland ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind! Ich wünsche mir mehr Frauen in der Landwirtschaft, weil sie viel ganzheitlicher denken. Irgendwann werden wir hoffentlich erkennen, dass die Frau Seydels dieser Welt es richtig machen. CLAUDIA MUCHA, Wolfsburg

Gleichheit vor dem Gesetz

■ betr.: „Spitzel über dem Gesetz“, taz vom 27. 5. 15

Dass es in Deutschland immer wieder zu einem eigenartigen Umgang mit dem Recht kommt, hängt oft mit der Position und dem sozialen Status zusammen oder von dem Vermögen des Beschuldigten ab. Oder man lebt halt in Bayern oder Sachsen, wo die Polizei nicht selten am Rande der Rechtsbeugung agiert. Aber dass über ein Gesetz nachgedacht wird, das Gesetzesbrecher straffrei stellt, wenn sie nur als V-Leute der Geheimdienste tätig sind, empört mich. Und das gerade nach den Skandalen beim Verfassungsschutz oder wie jetzt wieder beim BND. Kommt noch die Vorratsdatenspeicherung dazu, die alle Bürger unter Generalverdacht stellt.

Ist die Bundesrepublik wieder auf dem Weg, in eine Gesellschaft abzudriften, für die die laut Grundgesetz verbürgte Gleichheit vor dem Gesetz nur noch Makulatur ist? Ich denke, hier muss die Frage gestellt werden, ob die Sozialisation von Teilen unserer Regierung – die in der DDR aufgewachsen sind – eine kritische Betrachtung dieser Vorstellungen verhindert. Wie sonst könnte Herr de Maizière auf solche Ideen kommen. Soll in Deutschland ein neuer Gestapo- oder Stasistaat entstehen? ALBERT WAGNER, Bochum

Ein wichtiges Signal

■ betr.: „Riga mit fatalem Signal“, taz vom 23. 5. 15

In Riga hatten sich die EU-Regierungsoberhäupter versammelt, um unter anderem über das Verhältnis zu osteuropäischen Staaten aus dem ehemaligen sowjetischen Einflussbereich zu sprechen. Ähnlich abweisend wie viele andere Medien kommentiert die taz: „Riga mit fatalem Signal. Die Anrainerstaaten im Osten der EU werden außen vor gelassen.“ Im Abschlusskommuniqué der EU wurde verkündet, weitere Annäherungsschritte der EU an Ukraine, Moldau, Weißrussland, Georgien, Armenien und Aserbaidschan würden auf Sicht – auch nicht in kleinen Schritten wie Aufhebung des Visumszwanges – vorangetrieben werden. Ein langer Prozess sei erforderlich.

Interessant war ein Detail. Ursprünglich sollte die Angliederung der Krim an Russland in der Schlusserklärung verurteilt werden. Das wurde jedoch, um einen Konsens zu erzielen, gestrichen. Die Östliche Partnerschaft, die einst von Polen und Schweden initiiert wurde, soll nun auf Eis gelegt werden. Mit ihr sollten diese Staaten auf Westliche Demokratie und freie Marktwirtschaft eingestimmt werden.

Als Karl Grobe und ich das Monitoring-Dossier zur Ukraine schrieben, haben wir genau diese Staatengruppe für ein Bündnis neutraler Staaten in der Region vorgeschlagen, also Staaten, die aus dem übergeordneten West-Ost-Konflikt in Sachen Ukraine herausgenommen werden müssten, um so eine Brücke zwischen Ost und West zu ermöglichen. So bewerte ich im Gegensatz zu vielfältiger Medienmeinung den Beschluss von Riga als eine erste vorsichtige Kursänderung der EU, die den Ukrainekonflikt entspannen kann. Es klingt wie eine Ankündigung, die EU und in ihrem Gefolge die Nato würden auf ihre weitere Expansion nach Osten verzichten. Ein wichtiges Signal! Diese Expansion hatte seinerzeit den Ukrainekonflikt in Gang gesetzt.

Bleibt die Frage, welche Antwort wird Moskau darauf geben? Wird sich vielleicht ein Prozess der einseitigen deeskalierenden Schritte ergeben? Wir sollten dafür werben.

ANDREAS BURO, Grävenwiesbach