Geld für Raucher

GESUNDHEIT Ein kanadisches Gericht verurteilt drei Tabakkonzerne zu einer Milliardenstrafe

BERLIN taz | Hunderttausend kanadische Raucher werden wohl bald Entschädigungen von Zigarettenfirmen bekommen. Das oberste Gericht der kanadischen Provinz Quebec verurteilte am Montag drei Tabakkonzerne – JTI Macdonald, Rothmans, Benson and Hedges (RBH) sowie Imperial Tobacco Canada – zu Zahlungen von umgerechnet 11 Milliarden Euro. Das ist die höchste Geldstrafe in der Landesgeschichte.

Der Prozess begann vor 17 Jahren mit zwei Sammelklagen, die später zusammengelegt wurden: Zum einen klagten fast 900.000 zigarettenabhängige Personen, zum anderen fast 100.000 Raucher und Exraucher, die Krebs oder Lungenerkrankungen entwickelten. Beide werfen den Tabakkonzernen unter anderem vor, nicht ausreichend vor den Risiken gewarnt zu haben. Das Gericht sah die Vorwürfe der Kläger als erwiesen an. „Über einen Zeitraum von fast 50 Jahren machten die Firmen Milliardengewinne auf Kosten der Lungen, Rachen und Gesundheit ihrer Kunden“, erklärte Richter Brian Riordan laut der kanadischen Zeitung National Post. „Wenn die Firmen jetzt unversehrt davonkämen, was wäre das für ein Signal an andere Industrien?“

Bis zu 70.000 Euro

Die größte Summe muss Imperial Tobacco Canada zahlen – zwei Drittel der 11 Milliarden Euro. Entschädigungen erhalten nur die Erkrankten. Je nach Art der Krankheit und Startzeitpunkt des Rauchens stehen ihnen umgerechnet bis zu 70.000 Euro zu. Die Gruppe der Personen, die abhängig sind, aber bislang nicht erkrankt, geht leer aus.

Die verurteilten Firmen wollen in Berufung gehen. Die Erklärung von Imperial Tobacco Canada: „Man hat übersehen, dass sowohl erwachsene Raucher als auch die Regierung die Risiken des Rauchens seit Jahrzehnten kennen. Durch das Urteil entziehen sie sich jeglicher Verantwortlichkeit.“ Deutlich sichtbare Warnhinweise auf Verpackungen sind seit 1994 in Kanada Pflicht, in Deutschland seit 2002.

VINCENT BUSS