Malaysia: Flüchtlinge „regulär“ beerdigt

SÜDOSTASIENS FLÜCHTLINGSKRISE Malaysias Regierung will von Massengräbern nichts mehr wissen. Menschenrechtler fordern von Konferenz in Thailand verbindlichen Schutz der Rohingya

Bangladeschs Regierung will mit Sondergerichten gegen Schleuser vorgehen

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Bei den am Wochenende im Norden Malaysias entdeckten Grabstätten nahe illegaler Flüchtlingslager soll es sich doch nicht um Massengräber handeln, sondern um 139 Grabstätten mit jeweils einem Toten. Dies erklärte Vize-Innenminister Wan Junaidi Tuanku Jaafar am Donnerstag. Da die Leichen nach muslimischer Sitte in weiße Tücher gehüllt gewesen seien, mutmaßte er, dass es sich um „reguläre Beerdigungen“ gehandelt habe.

Malaysias Polizei hatte zuvor mitgeteilt, sie habe an der Grenze zu Thailand 139 Massengräber und 28 von Menschenschmugglern betriebene Flüchtlingscamps entdeckt. Kritiker erklärten, die massive Präsenz von Polizei und Militär im Grenzgebiet hätte es Schleppern eigentlich unmöglich machen müssen, ihren illegalen Geschäften nachzugehen. Inzwischen sitzen in Malaysia deswegen bereits 12 Polizeibeamte in Untersuchungshaft. Bis dahin hatte die Regierung systematisches Schleusertum stets geleugnet.

Anfang Mai hatte Thailands Polizei schon geheime Lager und Massengräber mit den Leichen mutmaßlicher Rohingya-Flüchtlingen aus Birma (Myanmar) sowie von Migranten aus Bangladesch entdeckt. Die muslimischen Rohingya sind in Birma nicht als ethnische Minderheit anerkannt und Verfolgung ausgesetzt. Vor allem nach der von radikalen Buddhisten geschürten ethnischen Gewalt flohen ab 2012 mehr als 120.000 Rohingya außer Landes.

Kritiker mahnten vor der für Freitag in Bangkok angesetzten Konferenz über die Bootsflüchtlinge nachhaltige Lösungen an. Angesichts der „menschlichen Tragödien“ müssten bindende Abmachungen zum Schutz der Flüchtlinge getroffen werden, forderte die Organisation Human Rights Watch. Von Birma und Bangladesch müsse verlangt werden, Menschenrechtsverletzungen an den Rohingya zu beenden.

Das es dazu kommt, ist angesichts der unterschiedlichen Positionen der einzelnen Staaten zweifelhaft. Malaysia und Indonesien hatten zugesagt, Bootsflüchtlinge vorübergehend aufzunehmen. Thailand hingegen lässt diese erst gar nicht an Land, sondern erklärte, „humanitäre Hilfe“ nur auf See zu leisten. Bangladesch kündigte am Mittwoch an, Tausende Rohingya-Flüchtlinge, die teils schon seit Jahren in Camps nahe der Stadt Cox’s Bazar leben, auf eine Insel im Golf von Bengalen umzusiedeln. Am Donnerstag kündigte Justizminister Anisul Huq an, künftig Menschenschmuggler vor Sondergerichten anzuklagen. Diese würden in allen Provinzen des Landes eingerichtet.

Vor allem Birma kennt keine Gnade – im Gegenteil: Nach einem von Präsident Thein Sein unterschriebenen Gesetz zur Geburtenkontrolle können die Autoritäten jetzt von Müttern zwischen zwei Geburten Zwangspausen von drei Jahren einfordern. Dieses Gesetz richtet sich nach Ansicht von Menschenrechtlern gegen Muslime und die Rohingya. Am Mittwoch hatten in Rangun (Yangon) bis zu 300 nationalistische Buddhisten gegen Rohingya demonstriert und verlangt, die Weltgemeinschaft solle aufhören, Birma für das Flüchtlingsproblem verantwortlich zu machen.

Der Dalai Lama, das geistige Oberhaupt tibetischer Buddhisten, forderte am Donnerstag Birmas Friedensnobelpreisträgerin und Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi auf, sich endlich zugunsten der Rohingya zu äußern. Sie hatte bisher aus wahltaktischen Kalkül geschwiegen.