EVG will jetzt auch mal streiken – vielleicht

TARIFKONFLIKT Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft droht mit Warnstreiks, falls der Bahnvorstand heute nicht zu einem Abschluss bereit ist. Für die Lokführergewerkschaft GDL beginnt die Schlichtung

BERLIN taz | Meint sie es ernst, oder tut sie mal wieder nur so? Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) droht mit Streik. Falls es an diesem Mittwoch nicht zu einer Einigung mit der Deutschen Bahn über einen Tarifabschluss komme, gebe „es für die EVG nur noch eine Option – und die lautet Arbeitskampf“, kündigte Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba an.

Die Tarifverhandlungen der EVG mit dem Staatskonzern waren am vergangenen Freitagmorgen ohne Ergebnis unterbrochen worden. Im Vorfeld hatte die DGB-Gewerkschaft für diesen Fall eigentlich Warnstreiks angekündigt. Doch dann entschied sich die als äußerst streikunlustig geltende EVG doch lieber anders. Sie hätte der Bahn „die von ihr gewünschte Verschnaufpause zugestanden“, so Rusch-Ziemba, „jetzt erwarten wir ein Ergebnis“. Falls es das am Mittwoch nicht gebe, sei „Ende am Verhandlungstisch“.

Strittig sind nach Angaben der EVG weiterhin die Laufzeit des Tarifvertrags, die Höhe der Lohnsteigerung sowie der Mindestbetrag, auf den die Gewerkschaft als soziale Komponente besteht. Das bisher öffentlich bekannte Angebot der Bahn: 4,7 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 75 Euro, bei einer Laufzeit von 29 Monaten. Zwar habe der Konzern sein Angebot am Freitag nachgebessert, aber „unsere Kolleginnen und Kollegen erwarten nach fast einem Jahr harter Verhandlungen mehr“, sagte Rusch-Ziemba. Die Gewerkschaft fordert eine kürzere Laufzeit, eine Lohnerhöhung um 6 Prozent, mindestens 150 Euro mehr im Monat.

Im Gegensatz zur kleineren Lokführergewerkschaft GDL hat die EVG im laufenden Tarifkonflikt noch kein einziges Mal gestreikt. Diesmal könnte ihre Drohung allerdings mehr als ein Bluff sein, sorgt doch die Hinhaltetaktik der Arbeitgeberseite für zunehmenden Unmut unter den Mitgliedern. Für die Gewerkschaftsspitze könnte es langsam ungemütlich werden: Sie droht das ihr anhängende Vorurteil zu bestätigen, nur verlängerter Arm des Bahnvorstands zu sein, wenn sie sich nicht schleunigst kämpferischer gibt.

Die um 9 Uhr im Maritim Hotel in Berlin beginnenden Verhandlungen zwischen EVG und Bahn dürften nicht ohne Auswirkungen auf die Schlichtungsgespräche der Bahn mit der GDL bleiben. Die starten am gleichen Tag um 14 Uhr und sollen insgesamt drei Wochen dauern. Bislang hält der Konzernvorstand an seinem Ziel fest, unterschiedliche Regelungen für ein und dieselbe Berufsgruppe zu vermeiden. PASCAL BEUCKER