Nichts als Panikmache

GEISEL UND DER MIETSPIEGEL

5,84 Euro pro Quadratmeter weist der am Montag präsentierte neue Mietspiegel als stadtweite Durchschnittsmiete aus. Das sind zwar 5 Prozent mehr als in der vorigen Ausgabe des Mietspiegels, der seit 2013 galt. Aber die Zahl ist weit von dem entfernt, was Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) Mitte Januar prophezeite. Da kündigte der erst vier Wochen zuvor ins Amt gekommene Senator ohne aktuellen Anlass an, dass die Durschnittsmiete auf „mehr als 6 Euro“ steigen würde. Das wären mindestens 10 Prozent gewesen, doppelt so viel wie nun tatsächlich – und Geisel hinterließ damals den Eindruck, dass es nicht nur ein paar Cent jenweits der 6-Euro-Marke sein würden.

Der Irrtum Geisels ist zwar gut für die Mieter. Aber es erschüttert das Vertrauen, wenn nicht irgendein Weltuntergangsprophet in der U-Bahn Fantastisches in die Welt bläst, sondern ein Regierungsmitglied. Eine strategische Absicht Geisels, etwa ein Weckruf, ist nicht zu erkennen – die Berechnungsgrundlage konnte er nicht mehr beeinflussen. Dem Senator lagen offenbar im Januar Zahlen vor, die nicht belastbar waren. Die öffentlich zu machen hatte aber nur eine Konsequenz: Mieter und Wohnungssuchende noch mehr zu verunsichern. Umso verständlicher sind im Nachhinein Ärger und Verwunderung bei Mieterverein und Wohnungsunternehmenverband.

Im besten Fall kann man annehmen, dass Geisel zum Start ins neue Amt früh auf eine vermeintlich drastische Entwicklung hinweisen und sich damit einen Namen machen wollte. Und wie Exbundeskanzler Konrad Adenauer könnte er jetzt sagen: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.“ Doch hier geht es nicht um eine abgehobene politische Annahme, sondern um eine Prognose in einem sehr alltagsnahen Bereich. Für Geisels Vorgehen gibt es daher nur ein Wort: Panikmache. STEFAN ALBERTI