TAZ SALON OLYMPIA – DER TRAUM VOM GOLD
: Stadtentwicklung von ganz oben

Ist das Internationale Olympische Komitee (IOC) der bessere Stadtentwickler? Fast hätte man das glauben können, wenn man am Dienstagabend im taz Salon Michael Vesper vor rund 150 ZuhörerInnen sprechen hörte, den Vorstandschef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). „Was gibt es Nachhaltigeres, als eine zu 97 Prozent versiegelte Fläche im Hafen zu entsiegeln und dort einen neuen Stadtteil zu bauen?“, fragte er. Die Olympischen Spiele als Katalysator würden das beschleunigen, genau wie den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.

Michael Rothschuh vom Bündnis „Nolympia“ hielt dagegen, es würden keine zusätzlichen Wohnungen durch Olympia gebaut, denn in Wilhelmsburg würden Wohnungsbauflächen als Ausweichflächen für Gewerbebetriebe vorgesehen, die für den Bau des Olympischen Dorfes auf dem Grasbrook verlegt werden müssten. Die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann nannte die „Host-City-Verträge“, die das IOC mit den Ausrichterstädten schließt, „sittenwidrige Knebelverträge“, weil sie festlegten, welche Leistungen die Stadt zu erbringen habe, ihr aber alle Risiken aufbürdeten.

Sport-Staatsrat Christoph Holstein (SPD) versprach, der Vertrag und eine erste Kostenschätzung werde vor der Volksabstimmung vorliegen. Dass noch keine Zahlen vorliegen, rechtfertigte er mit dem Elbphilharmonie-Desaster: „Es ist wichtig, dass man sich nicht wie bei Konzerthäusern besoffen vor Euphorie in etwas hineinstürzt, sondern die Nerven hat, das auszurechnen.“

Rothschuh und Sudmann forderten, das für den 29. November geplante Referendum zu verschieben, bis „wirklich belastbare Zahlen“ über die Kosten und die Durchführung vorliegen würden. Vesper räumte ein, dass später mehr Informationen vorliegen würden. Die Erfahrung zeige aber. dass man mit einer Bewerbung „nur eine Chance hat, wenn man sich voll reinhaut“.

taz-Chefredakteur Andreas Rüttenauer forderte vom IOC den Beweis anzutreten, „dass Spiele ohne Einschränkungen der Bürgerrechte möglich sind!“ Sonst sei es der Spaß nicht wert.  JANK/FOTO: MIGUEL FERRAZ

Nächster taz Salon am 9. Juni: „Griechenland – wie weiter?“, unter anderem mit taz-Wirtschaftskorrespondentin Ulrike Herrmann