„Keine Marionette Europas“

VORTRAG Joachim Schuster referiert über die Rolle der EU im Russland-Ukraine-Konflikt

■ 52, Politologe, SPD, war von 2006 bis 2012 Staatsrat in wechselnden Ressorts, ist seit 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments.

taz: Herr Schuster, auf welcher Seite stehen Sie im Ukraine-Konflikt?

Joachim Schuster: Ich stehe auf keiner Seite. Wir müssen dafür sorgen, dass die Eskalationen gestoppt werden.

Die Krim ist völkerrechtswidrig annektiert worden – und Sie bleiben neutral?

Dem völkerrechtswidrigen Verhalten Russlands ist deutlich zu widersprechen, den Konflikt wird aber keiner militärisch lösen können. Daher gilt es, die Kräfte zu stärken, die eine gemeinsame Lösung finden wollen.

Wie soll sich jetzt die EU verhalten?

Die EU kann nicht für die Ukraine verhandeln: Die Ukraine ist ein eigenständiger Staat und keine Marionette Europas. Den Konflikt müssen also Ukraine und Russland selbst lösen. Dabei helfen kann, wenn die Minsker Abkommen eingehalten werden, die Sanktionen schrittweise zurückzunehmen, Gespräche zum Assoziierungsabkommen weiterzuführen und zu überlegen, wieweit man eine Beziehung zur eurasischen Union stärken kann. Das geht aber nur über ökonomische Zusammenarbeit.

Hat der Westen Russland tatsächlich destabilisiert?

Nein, für die Destabilisierung sind vor allem die Kräfte vor Ort, in der Ukraine wie in Russland, verantwortlich. Aber die aktuelle Lage ist eine sicherheitspolitische Frage für ganz Europa, daher sind wir als EU gefordert, zu einer Deeskalation und Konfliktlösung beizutragen.

Wenn sich Amerika stärker außenpolitisch einmischt, welche Folge hat das für Europa?

Amerika kann eine positive Rolle spielen, aber man kann diesen Konflikt nicht mit Waffenlieferungen an die Ukraine lösen. INTERVIEW: SIMONE SCHMID

19 Uhr, Europa-Punkt, Am Markt 20