KOMMENTAR VON SABINE AM ORDE ZUM LAGERKAMPF IN DER AFD
: Alternative Selbstmord

Alleine dürfte keiner der beiden Flügel den Sprung in den Bundestag schaffen

Glück gehabt. Wieder mal ist eine Partei, die sich rechts von der Union etablieren wollte, dabei, sich selbst zu zerlegen. Zwar fordert der „Weckruf 2015“, den das neoliberale Lager um Parteigründer Bernd Lucke gerade öffentlich vorgestellt hat, dessen schärfste Konkurrentin vom noch rechteren Lager, Frauke Petry, zum Mitmachen auf. Das ist clever. Doch gleichzeitig machen Lucke und Co klar: Gemeinsam mit ihnen wird es in der AfD nur weitergehen, wenn sie künftig den Ton angeben – und andere gehen oder deutlich an Einfluss verlieren.

Darauf wird sich Petry nicht einlassen. Den „Weckruf“ bezeichnet sie als überflüssig, hält sich aber alle Türen offen: Sie könne weiter mit Lucke zusammenarbeiten, aber die AfD würde notfalls auch ohne ihn weiterbestehen, so kommentierte sie Luckes Vorstoß.

Das zerrüttete Verhältnis der beiden hat ohnehin weniger mit Inhalten als mit persönlichen Verwerfungen, Machtstreben und mangelnder Kommunikationsfähigkeit zu tun. Rassismus, Abschottung gegen Flüchtlinge und ein reaktionäres Familienbild sind beiden eigen – auch wenn der „Weckruf“ anderes behauptet.

Der Parteitag Mitte Juni wird wohl entscheiden müssen, welcher Flügel sich durchsetzt. Wie diese Entscheidung ausgeht, ist derzeit schwer abzusehen. Klar aber ist schon jetzt: Zusammen werden die beiden Flügel kaum weitermachen.

Dabei lag bislang genau in ihrer Zusammenarbeit der politische Erfolg: Lucke und Henkel für die enttäuschten FDP- und CDU-WählerInnen mit bürgerlichem Habitus, Petry und Gauland für die Pegida-Fans und den rechten Rand. Das brachte zusammen deutlich mehr als 5 Prozent. Alleine aber dürfte keiner der beiden Flügel den Sprung in den Bundestag schaffen. Für die AfD wäre die Spaltung also politischer Selbstmord, für ihre politischen Gegner dagegen ein Glücksfall. Vielleicht bleibt die rechtspopulistische Lücke, die es lange im hiesigen Parteienspektrum gab, uns doch noch eine Weile erhalten.

Entwarnung aber heißt das trotz allem nicht. Denn auch wenn die AfD sich zerlegt: Die Wählerschaft, die für Ressentiments und Rechtspopulismus zu haben ist, gibt es weiterhin. Und für die Union bleibt die Versuchung, verlorene WählerInnen nicht durch politische Auseinandersetzung, sondern durch populistische Avancen à la Seehofer wieder zurückzugewinnen.