LESERINNENBRIEFE
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Angenehm weiß, bedrohlich dunkel

■ betr.: „Weiße Perspektiven“, taz vom 9./10. 5. 15

Hallo, wer hat denn die beiden Fotos zu dem Artikel ausgewählt? Die reproduzieren ja das fatale Klischee des hellen, angenehmen weißen Europas versus des dunklen, bedrohlich unheimlichen Afrikas! Die Aufnahme auf europäischer Seite bei strahlendem Tag mit klar sichtbaren, gut gelaunten europäischen Menschen. Die Aufnahme auf afrikanischer Seite bei Nacht mit einem unscharf und quasi als sein Schatten fotografierten afrikanischen Mann. Merkt ihr nicht, wie das wirkt? ELLEN GUTZLER, Berlin

Ignoranz im Umgang mit Afrika

■ betr.: „Weiße Perspektiven“, taz vom 9./10. 5. 15

Unser größtes Problem im Umgang mit dem afrikanischen Kontinent ist die Ignoranz. Leider ist auch die Sprachengrafik auf S. 26 nicht frei davon: Die „Niger-Kongo-Sprache“ ist keineswegs eine einheitliche Sprache, sondern eine Sprachfamilie mit ca. 1.400 (!) zum größten Teil gegeneinander nicht verständlichen Kultursprachen, darunter die wichtigste: Kiswahili; die „Nilosaharanische Sprache“ ist eine Familie mit ca. 200 Mitgliedern. Und auch die „Khoi-San-Sprache“ ist eine Gruppe aus mehreren Einzelsprachen.

Es erschließt sich mir übrigens nicht, warum die Zweiteilung des Kontinents in der Sicht der Europäer „mörderisch“ sein soll: Der Norden ist kulturell, sprachlich und religiös völlig anders beschaffen als der „subsaharanische“ Süden. Wo ist das Problem, wenn man das erst einmal so hinnimmt? HARTWIG FRANKE, Münster

Nicht erstrebenswert

■ betr.: „Kill-Bill oder Die Firma zu Hause“, taz vom 9./10. 5. 15

Wenn aus dem Einkommen eines Einzelnen innerhalb einer Partnerschaft der Lebensunterhalt beider bestritten werden kann, ist nichts daran auszusetzen, wenn der andere nicht oder im eingeschränkten Umfang am Erwerbsleben teilnimmt. Das Ehegattensplitting, eine beitragsfreie Krankenmitversicherung und die Witwen- bzw. Witwerrente sind Instrumente, die die freie Lebensgestaltung innerhalb einer Partnerschaft unabhängig vom Geschlecht unterstützen. Sie stehen daher auch wenn die Frau die hauptsächliche Einkommensbezieherin ist zur Verfügung, ebenso bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Wenn beim Verzicht auf eine Teilnahme am Erwerbsleben eines Partners oder auch durch eingeschränkte Teilnahme beider Partner, etwa durch Teilzeitarbeit, ein ausreichendes Einkommen für den Lebensunterhalt erwirtschaftet wird, dies jedoch anschließend in die Altersarmut führt, ist nicht an der Lebensgestaltung der davon Betroffenen etwas falsch, sondern am System.

Eine beitragsfreie Krankenversicherung und eine ausreichende Altersversorgung für jeden sind Leistungen, für die es sich einzusetzen lohnt, die diese reiche Gesellschaft nicht überfordern und zu mehr Verteilungsgerechtigkeit beitragen würden. Die Verringerung der Gestaltungsspielräume durch die faktische Einführung einer Erwerbspflicht für jeden lediglich zur Sicherung der finanziellen Unabhängigkeit im Alter oder nach einer Trennung sind dagegen keine erstrebenswerten Zielsetzungen auf dem Weg in eine soziale, freiheitliche und egalitäre Gesellschaft. JAN SELMER, Kleinblittersdorf

Falscher Blickwinkel

■ betr.: „Risse im Fundament“, taz vom 12. 5. 15

Ralf Fücks führt an, dass die Sicherheit Israels bedroht sei durch das „Erstarken radikalislamischer Kräfte in der Region, die offen auf die Vernichtung Israels aus sind“. Man kann das Verhältnis von Ursache und Wirkung aber auch anders sehen. Seit 1967 hält Israel das Westjordanland besetzt und überzieht es zunehmend mit Siedlungen. Ersteres ist zumindest implizit, Letzteres explizit völkerrechtswidrig, einmal davon abgesehen, dass jede Besatzung nahezu automatisch zu Menschenrechtsverletzungen führt.

Seit 2002 existiert demgegenüber eine saudische Friedensinitiative, der nicht nur die Arabische Liga, sondern auch die Organisation Islamischer Staaten (demnach auch der Iran) zugestimmt haben: Rückzug Israels von den besetzten Gebieten (auch mit Gebietstausch) gegen Anerkennung Israels. Auf diese Initiative ist die israelische Politik niemals eingegangen, offensichtlich, weil die herrschenden Eliten wie auch immer geartete Ansprüche auf das Westjordanland (oder Teile davon) nicht aufgeben wollen. Ohne das aber ist, wie es aussieht, Frieden mit der arabischen beziehungsweise der islamischen Welt und damit eine deutlich verbesserte Sicherheitslage für Israel nicht zu haben. ANDREAS UNGER, Berlin

Humoristischer Touch

■ betr.: Der weibliche Genus

Ihre Artikel haben inzwischen einen ziemlich humoristischen Touch bekommen, seitdem man der Meinung ist, dem weiblichen Geschlecht durch das Anhängen einer weiblichen „Identifikations- und Aufmerksamkeitskennung“ zu mehr Achtung zu verhelfen. Die Texte lesen sich nicht mehr flüssig, und seit dieser Schreibreform hat sich der Respekt gegenüber dem weiblich Geschlecht aber dermaßen nicht geändert – das ist kaum noch auszuhalten. Mir wäre es lieber, wenn man wieder zur weniger vergewaltigten grammatikalischen Form zurückkehren würde und als Alternative Maßnahmen einführt, die weniger akademischer Natur sind, dafür aber etwas nützen: Ausbau von Kita-Plätzen, Erhöhung der Anzahl weiblicher Führungskräften und vieles mehr. THOMAS MAZSITS, Düren