Ungeeignete Maßnahme

GEFAHREN-GEBIET

Klobürsten wurden in Hamburg zum Symbol des Protests gegen Gefahrengebiete. Seit 2005 kann die Polizei Teile der Stadt als Maßnahme zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten zu solch rechtlichen Sonderzonen erklären. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat dieses Instrument der Polizei nun als verfassungswidrig bezeichnet und der Klägerin Recht gegeben. Verboten sind die Gefahrengebiete deshalb aber nicht, denn über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen kann letztlich nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Eine Anwohnerin aus dem Hamburger Schanzenviertel hatte geklagt, weil sie in der Nacht zum 1. Mai 2011 von der Polizei kontrolliert wurde. Die Beamten hatten in ihren Rucksack geschaut und sie dann mehrere Stunden lang in Gewahrsam genommen. Das Gericht urteilte nun, dass der Polizeigewahrsam, die anlasslose Identitätskontrolle und der Blick in den Rucksack rechtswidrig waren.

„Grundrechtseingreifende Ermittlungen ins Blaue hinein lässt die Verfassung nicht zu“, sagte der vorsitzende Richter Joachim Pradel. Zudem seien die im Polizeigesetz verankerten Gefahrengebiete unverhältnismäßig und zu unbestimmt. Etwa weil sie nicht zeitlich beschränkt seien. So könne die Polizei einen Stadtteil Monate oder Jahre als Sonderzone ausweisen, kritisierte der Richter.

Schon seit fast zehn Jahren gibt es das Gefahrengebiet „Gewaltkriminalität“ rund um die Reeperbahn. Zu großen Protesten kam es aber erst, als die Polizei 2014 nach Krawallen rund um die Davidwache Gefahrengebiete in St. Pauli, dem Schanzenviertel und Altona ausrief, von denen Zehntausende Anwohner betroffen waren.

Erfolg hatte die Klage der Anwohnerin jetzt, weil das Gericht die Kriterien der Polizei für „ungeeignet“ befand. Denn die kontrolliere Menschen, die „augenscheinlich dem linken Spektrum zuzuordnen sind“, hieß es. Doch aus Äußerlichkeiten, die leicht veränderbar seien, ergebe sich nicht hinreichend sicher die Zugehörigkeit zu einem politischen Spektrum, sagte Pradel. Die Hamburger Polizei will die bestehenden Gefahrengebiete nun überprüfen, sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Aber: „Eine gesetzliche Grundlage für polizeiliche Maßnahmen besteht nach wie vor.“  REA