FELIX LEE ZUM INDISCHEN STAATSBESUCH IN CHINA
: Unterschiedlicher geht es nicht

Beide Länder könnten sich so gut ergänzen. China kann für Infrastrukturen bauen und ist wirtschaftlich höchst erfolgreich. Indien ist die größte und älteste Demokratie der Welt und könnte der Volksrepublik in Sachen Zivilgesellschaft Nachhilfe erteilen.

Tatsächlich ging Indiens Premierminister Modi 2014 mit dem Versprechen in die Wahlen, die Wirtschaft voranzubringen, und schlug vor, Chinas Wirtschaftsmodell zu adaptieren. Das war eine Sensation. Noch nie hatte es ein indischer Spitzenpolitiker gewagt, dem nördlichen Rivalen so viel Sympathie entgegenzubringen. Modi gewann. Aber sein Versprechen war reines Wunschdenken.

Der chinesischen Führung ist es gelungen, wirtschaftlich, technologisch und bei der Armutsbekämpfung Indien so sehr abzuhängen, dass die Chinesen inzwischen nur noch naserümpfend auf die Nachbarn im Süden blicken.

Das zeigt sich vor allem im Handel. Inzwischen beläuft sich das indische Defizit gegenüber China hier auf fast 40 Milliarden Dollar. Das ist auch deswegen nicht einzuholen, weil Chinesen überhaupt kein Interesse an indischen Waren zeigen. Rohstoffe kann China mit seinem exzellent ausgebauten Handelsnetz aus anderen Weltteilen beziehen. Und Indiens gelobte Software-Industrie ist ebenso uninteressant. Das können die Chinesen längst selbst.

Indiens einziges Exportgut bleibt die Demokratie. Doch daran ist Chinas Führung nicht im Ansatz interessiert. Im Gegenteil: Chinas Staatsmedien lassen keine Gelegenheit aus, Indiens politisches System als abschreckendes Beispiel für Misswirtschaft zu nennen. Solange es Modi nicht gelingt, die Armut und das Elend im eigenen Land sichtlich einzudämmen, wird die Propaganda der chinesischen Führung auch weiter fruchten.

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