Werthaltiger Wind

ERNEUERBARE Der Energiekonzern EnBW soll sich für Prokon interessieren. Im Raum steht aber auch noch eine Genossenschaftslösung. Die Entscheidung darüber fällt im Juli

Der umstrittene Firmengründer Carsten Rodbertus ist raus

VON BERNWARD JANZING

FREIBURG taz | Der Energiekonzern EnBW plant offenbar die Übernahme des insolventen Windkraftunternehmens Prokon. Das berichtete am Montag unter Berufung auf Branchenkreise das Handelsblatt. Die EnBW selbst kommentierte die Meldung bislang nicht.

Seit Mai des vergangenen Jahres befindet sich die in Itzehoe ansässige Prokon Regenerative Energien GmbH im Insolvenzverfahren – eine der größten Pleiten in der grünen Wirtschaft. Davon betroffen sind 75.000 Anleger, die dem Unternehmen insgesamt 1,4 Milliarden Euro in Form von Genussrechtskapital zur Verfügung gestellt haben. Mit dem Geld projektierte das Unternehmen Windparks, geriet aber aufgrund zeitweise sehr hoher Zinszahlungen an die Anleger und durch großen Marketingaufwand in Liquiditätsschwierigkeiten. Kritiker sprachen von einem Schneeballsystem.

In den vergangenen Wochen und Monaten hat das Team des Insolvenzverwalters Dietmar Penzlin Angebote von möglichen Investoren entgegengenommen. Noch in dieser Woche wird der Gläubigerausschuss von Prokon zusammenkommen und aus den vorliegenden Angeboten das aus seiner Sicht attraktivste auswählen. Die Entscheidung werde umgehend bekannt gegeben, sagte gestern eine Sprecherin des Insolvenzverwalters.

Dieser ausgewählte Investor wird sich dann aber noch einer Gläubigerversammlung stellen müssen, die im Juli stattfinden soll. Auf dieser werden die Anleger entscheiden, ob sie die noch vorhandenen Unternehmenswerte tatsächlich an den betreffenden Investor verkaufen oder ob sie das Unternehmen lieber behalten wollen. Der Verein „Die Freunde von Prokon e. V.“ (FvP) macht sich dafür stark, nicht zu verkaufen, sondern die „wohl größte Energie-Genossenschaft Deutschlands“ zu gründen.

Nach Branchenschätzungen liegt der Wert des Unternehmens bei mindestens 500 Millionen Euro. Damit dürften sich Schätzungen des Insolvenzverwalters bewahrheiten, der bereits in der Frühphase des Verfahrens davon ausging, dass 30 bis 60 Prozent des eingezahlten Kapitals noch im Unternehmen vorhanden sind. Schließlich besitzt Prokon 318 Windkraftanlagen. Nach den gestrigen Meldungen über das Interesse von EnBW erklärte FvP, diese bestätigten die Werthaltigkeit von Prokon. Daher sehe man „optimistisch in die Genossenschafts-Zukunft“.

Der Firmengründer und einstige geschäftsführende Gesellschafter, Carsten Rodbertus, ist unterdessen längst außen vor. Bereits im November hatte der Insolvenzverwalter mitgeteilt, man habe alle Auseinandersetzungen außergerichtlich beigelegt. In diesem Zusammenhang hat sich Rodbertus verpflichtet, in keiner Form mehr in Sachen Prokon tätig zu werden oder öffentliche Erklärungen abzugeben. Personell hat Prokon den Neustart also schon vollzogen.

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