Senat hat Angst vor den Mietern

WOHNEN Bausenator Andreas Geisel (SPD) will mit den Initiatoren des Mietenvolksentscheids ins Gespräch kommen. Erste Eckpunkte hat er bereits vorgelegt: mehr Förderung für Neubau. Die Reaktionen sind verhalten

■ 20.000 Unterschriften braucht die Initiative für die Einleitung eines Volksbegehrens. Laut Sprecher Rouzbeh Taheri sind bereits 23.000 gesammelt. Das Parlament kann den Gesetzesentwurf übernehmen oder einen eigenen vorstellen. „Wenn das ein von einer breiten Mehrheit getragener Entwurf ist, sind wir gesprächsbereit“, so Taheri. Kommt es zu keiner Einigung, braucht es 175.000 Unterschriften für einen Entscheid.

VON UWE RADA

Je größer die Zahl der Unterschriften, die die Initiative Mietenvolksentscheid sammelt, desto unruhiger wird die Politik. Am Wochenende hat nun die SPD einen Schritt auf die Initiatoren des Volksentscheids zugetan. „Im Kern sind die Anliegen des Mietenvolksentscheids richtig“, sagte Martin Pallgen, der Sprecher von Bausenator Andreas Geisel (SPD), zur taz. „Nun geht es darum zu zeigen, welche Unterschiede es gibt.“ Aus diesem Grund hat Geisel in Abstimmung mit dem SPD-Landesvorstand und der SPD-Fraktion ein Eckpunktepapier erarbeitet, das der Initiative in einigen Punkten entgegenkommt. „Wir wollen miteinander ins Gespräch kommen“, sagte Pallgen.

So schlägt der SPD-Senator etwa vor, bei Bewohnern von Sozialwohnungen die Miete bei 30 Prozent des Nettoeinkommens zu deckeln. Außerdem solle der Neubaufonds, mit dem der Senat bezahlbare Wohnungen errichten lassen will, aufgestockt werden: Statt 1.000 Wohnungen im Jahr sollen es 2.500 sein. Schließlich soll noch eine Privatisierungsbremse in der Landesverfassung verankert werden. Damit würde verhindert, dass sich die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften von einem Teil ihrer Bestände trennen und diese an Investoren verkaufen. Auch soll die Zahl von derzeit 300.000 landeseigenen Wohnungen bis 2025 auf 400.000 erhöht werden.

Pallgen räumte ein, dass die Vorschläge noch nicht durchgerechnet sind: „Was das kostet, können wir derzeit noch nicht sagen.“ Was das erfolgreiche Mietenvolksbegehren den Haushalt kosten würde, hat seine Verwaltung dagegen errechnet: 3,3 Milliarden Euro Mehrkosten würden auf Berlin zwischen 2017 und 2021 zukommen. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) glaubt, dass es billiger wäre, und spricht von 2,8 Millionen Euro.

Tatsächlich gehen die Vorschläge der Initiative weit über die Überlegungen des Bausenators hinaus. So sollen die Wohnungsbaugesellschaften in Anstalten öffentlichen Rechts umgewandelt werden, um Privatisierungen zu verhindern. Außerdem soll die Miete auch bei jenen 28.000 Sozialwohnungen, die keine sogenannte Anschlussförderung mehr enthalten, subventioniert werden.

Genau das ruft aber Kritik hervor. „Damit würde man Anreize schaffen, dass die Eigentümer die Miete erhöhen und die Subventionen den Investoren zugutekommen statt den Mietern“, kritisiert der grüne Wohnungsexperte Andreas Otto. Er wünscht sich deshalb eine Regelung, „die nicht in die Subventionspolitik der Vergangenheit zurückfällt“. Das Zugehen Geisels auf die Initiatoren des Volksbegehrens begrüßen die Grünen.

Etwas vorsichtiger sind die Initiatoren selbst. „Wenn das Parlament auf uns zugeht, diskutieren wir immer gerne“, sagte Sprecher Rouzbeh Taheri der taz. „Wenn aber ein Senator eine Pressemitteilung macht, müssen wir deswegen nicht springen.“

Auch der Sprecher von Senator Geisel bestätigte, dass es noch keine direkten Kontakte gäbe. „Wir können uns vorstellen, dass es nach einer ersten Stufe des Volksbegehrens Gespräche gibt, um eine breite Mehrheit zwischen Initiative, Senat und Abgeordnetenhaus zu finden“, sagte Pallgen. Sollte die erste Stufe mit 20.000 Unterschriften erreicht werden, müsste das Parlament das Thema behandeln.

Die CDU begrüßt Verhandlungen mit den Initiatoren des Volksentscheids. Der baupolitische Sprecher Matthias Brauner will aber vor allem deutlich machen, welche Kosten ein erfolgreicher Volksentscheid für das Land bedeuten würde.