DAS DING, DAS KOMMT
: Kistenkoller

Der UMZUGSKARTON kann viel leisten – und seine NutzerIn zur Verzweiflung bringen. Eine Betrachtung aus aktuellem Anlass

Umzug bedeutet eben auch Aufbruch, und jeder Neuanfang verspricht eine Chance

Man kommt nicht um ihn herum, auch wenn er nervt: Ohne den richtigen Karton wäre ein Umzug nicht zu bewältigen. In der Beschaffung ganz einfach – wer keine Kartons im Keller stehen hat, geht in den Baumarkt oder lässt sie gleich liefern –, fangen die Probleme erst richtig an, sind die Kisten da. Allein ihre Präsenz verbreitet schlechte Laune, denn sie bedeutet: Arbeit. Viel und nervige Arbeit: Ordnen, aussortieren, wegschmeißen, packen. Und danach: Alles wieder entpacken. Ach ja, und dazwischen: umziehen.

Was das für eine Zeitungsredaktion bedeutet, zeichnet sich bei der taz.nord-Redaktion in Hamburg seit Wochen ab. Überall stehen die Kartons rum, sie blockieren Flure und Büros, verbreiten Stress und erinnern daran, was noch alles zu tun ist. Dabei lichtet sich das Chaos langsam. Die Schreibtische leeren sich, Zettelstapel schrumpfen, Archive verschwinden in den recyclingpapierbraunen Kisten.

Die vollgefüllten Umzugskartons stapeln sich zu Türmen, die wiederum wachsen– und uns über den Kopf. Wo sind meine Kopfhörer? Wo ist das Diktiergerät? Hab ich das etwa schon eingepackt? In welchen Karton bloß? Ich brauche es jetzt sofort! Ja, auch gelegentliche Panikattacken bleiben nicht aus.

Dabei werben Hersteller damit, wie kinderleicht der Umzug wird, wenn man nur die richtigen Umzugskartons hat. Sie geben sich Namen, die positive Assoziationen wecken sollen, nehmen wir das Hamburger Umzugskollektiv „Adelante“ – spanisch für „Vorwärts“. Umzug bedeutet eben auch Aufbruch, weiter geht’s, und jeder Neuanfang verspricht eine neue Chance.

Und so ein Umzugskarton an sich ist auch eine ganz schön tricky Sache: Wiegt selbst gerade mal ein paar hundert Gramm, trägt dann aber bis zu 30 Kilo. Wellpappe ist das Geheimnis: Das Zusammenkleben einer gewellten mit zwei glatten Papierbahnen bilden eine belastbare Leichtbaukonstruktion. So ist Wellpappe das Verpackungsmittel Nummer eins weltweit und bietet dazu noch unerwartete Möglichkeiten zur Professionalisierung: Einen Master of Engineering in Packaging Technology kann man heute in Berlin oder Konstanz machen, eine duale Ausbildung zur PackmitteltechnologIn verspricht Expertise. Beruhigend, wenn man bedenkt, wie viele Menschen schon am Falten eines Umzugskartons verzweifeln.  KSCH

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