Kunst und Strafe

THEATER-ERMITTLUNG

Was darf Kunst und was nicht? Diese Frage hat schon für reichlich Kontroversen gesorgt. Aktuell prüft die Hamburger Staatsanwaltschaft, ob die Intendantin des Kampnagel-Theaters, Amelie Deuflhard, mit einer Kunstaktion eine Straftat begangen hat.

Das KünstlerInnen-Kollektiv Baltic Raw hatte auf dem Theatergelände im Maßstab 1:3 das besetzte Kulturzentrum Rote Flora nachgebaut. Nachdem dort im Sommer Veranstaltungen stattgefunden hatten, bauten die KünstlerInnen es im Herbst zur „Eco Favela Lampedusa Nord“ um, sodass fünf Flüchtlinge der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ darin überwintern konnten. Die AfD-Landesvorsitzenden Jörn Kruse und Bernd Baumann erstatteten deshalb im Dezember Anzeige gegen Deuflhard.

Nun hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen „Beihilfe zum Verstoß gegen das Aufenthaltsrecht für Ausländer“ gegen die Intendantin aufgenommen. Deuflhard zeigte sich überrascht. „Ich bin mir keiner Straftat bewusst“, sagte sie der taz. Menschen über den Winter von der Straße wegzuholen, erscheine ihr nicht verwerflich, sondern eher als Bürgerpflicht. Von dem Verfahren erfahren hatte Deuflhard nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern durch die Fragen eines Journalisten. Die Ermittlungen wegen des Kunstprojekts versteht Deuflhard nicht nur als Angriff auf die Kunstfreiheit, sondern auch als Angriff auf die Humanität.

Mit Blick auf die „Eco Favela“ spricht sie von „Kunstasyl“ als Pendant zum Kirchenasyl. Es sei nicht um die reine Unterbringung der Flüchtlinge gegangen, sagt sie – „sonst hätte ich eine Vier-Zimmer-Wohnung gemietet“. Es sei auch ein sozial-künstlerisches Experiment gewesen, bei dem es um Teilhabe ging sowie um Nachbarschaft und Kommunikation. Die Staatsanwaltschaft wollte sich nicht zum Verfahren äußern.  KSCH