Dobrindt baut Sozialdemokraten eine Brücke zur Maut

VERKEHR Bundesrat winkt Straßen-Abgabe durch: Mehrere rot-grüne Länder verzichten auf Einspruch

BERLIN taz | So schnell können sich die Überzeugungen im politischen Geschäft ändern: Im Verkehrsausschuss des Bundesrats hatten die Bundesländer sich mehrheitlich noch gegen die Einführung der Maut ausgesprochen. Am Freitag hingegen winkte die Länderkammer das umstrittene Gesetz durch.

Komplett verhindern konnte der Bundesrat die Maut ohnehin nicht, weil das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist. Doch mit ihrer Mehrheit hätten die von SPD, Grünen und Linken regierten Länder den Vermittlungsausschuss anrufen und das Projekt verzögern können. Möglicherweise hätten sie so zusätzliche Ausnahmen für den grenznahen Verkehr durchsetzen können. Aber dafür stimmten am Ende nur Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Thüringen. Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg und Brandenburg verzichten auf Einspruch.

Hintergrund des Sinneswandels ist offenbar ein Machtwort von SPD-Chef Sigmar Gabriel, der einen Koalitionskrach verhindern wollte. Die Partei lehnt die Maut ab, hatte sich aber im Koalitionsvertrag verpflichtet, das CSU-Projekt mitzutragen. Möglicherweise hoffen die Bundesländer auch darauf, dass sie vom Bundesverkehrsministerium für ihr Wohlverhalten belohnt werden. Das von Alexander Dobrindt (CSU) geführte Haus entscheidet jedes Jahr über Investitionen im Umfang von fast 11 Milliarden Euro für Straßen, Schienen und Wasserwege.

Ausdrücklich erwähnte Dobrindt im Bundesrat den Neubau der Rader Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal, den Schleswig-Holstein so schnell wie möglich realisiert sehen möchte. Das schien zu wirken: „Man sieht sich immer zweimal im Leben“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig am Rande der Bundesratssitzung zu seinem Sinneswandel.

Nach dem Votum des Bundesrats kann die Maut wie geplant im Jahr 2016 in Kraft treten. Für inländische Autofahrer ändert sich finanziell zunächst nichts. Sie bekommen die Maut von durchschnittlich 74 Euro pro Jahr über eine Absenkung der Kfz-Steuer in gleicher Höhe zurück. Die Einnahmen von ausländischen Fahrern, die für die Benutzung von Autobahnen Vignetten kaufen müssen, schätzt das Ministerium auf 500 Millionen Euro. Offen ist noch, ob die EU die Maut in der vorliegenden Form akzeptiert. MALTE KREUTZFELDT