BUCHBRANCHE
: Stoßseufzer eines Kritikers

Tim Renner glaubt nicht daran, dass sich die Buchpreisbindung auf Dauer halten wird

Einige Marketingmaßnahmen der deutschen Buchwirtschaft können einem als Literaturkritiker ziemlich auf die Nerven gehen.

Gefühlt ständig gibt es „Tage des Buches“, „Tage des Lesens“, aus deren Ankündigungen einem vor allem eine Behauptung entgegenschreit: Wer liest, ist ein besserer Mensch. So etwas steht da oft drin, zwar nicht direkt, aber im Subplot. Wer liest, lebt praktisch automatisch achtsamer, kreativer, bewusster. Und als Kritiker denkt man sich: Nein, das stimmt doch gar nicht. Es gibt nämlich auch ganz schön viele schlechte Bücher.

Außerdem gibt es ziemlich viele Kassandra-Neigungen. Was wurde beim E-Book nicht alles an die Wand gemalt. Weltherrschaft von Amazon. Veränderung der Aufmerksamkeitsspannen des Lesers. Und nun vollzieht sich dieser Übergang recht langsam und auch ziemlich reibungslos, man sieht in der Bahn halt immer mehr Lesegeräte, aber man sieht auch immer noch Bücher. Und irgendwann hat man als Kritiker schon mal gedacht: Wenn jetzt noch ein Podium zur „Zukunft der Verlage“ ansteht, dann lassen wir das mal an uns abperlen. Sollen sich doch die Verleger und Politiker um die Zukunft des Buches kümmern. Wir Kritiker haben ja auch was zu tun. Unter anderem der Branche auf die Finger sehen, ob sie sich noch angemessen um die Zukunft der Literatur kümmert. Denn die Zukunft des Buches und die Zukunft der Literatur sind nicht immer dasselbe.

Allerdings gibt es ein Thema, bei dem man als Kritiker sofort wieder Schulter an Schulter mit der Branche steht: die Buchpreisbindung. Auf einem Podium zur „Zukunft der Verlage“ hat Tim Renner, der Berliner Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten, nun gesagt, dass er die Buchpreisbindung gut finde, aber nicht glaube, dass sie noch lange Bestand haben werde. Da sie im europäischen Raum nicht alle Länder hätten, glaube er nicht, dass sie sich auf Dauer halten könne. Das wäre aber wirklich nicht gut. Bei der Buchpreisbindung hört der Spaß auf. DRK