„Über HIV aufklären“

GESCHLECHTSVERKEHR Die HAW debattiert heute über das Ende der Toleranz und die neue Prüderie

■ 54, arbeitet seit 1988 in AIDS-Hilfen, leitet das Struensee-Centrum, ist Geschäftsführer der AIDS-Hilfe Hamburg.

taz: Herr Korell, was meinen Sie damit, wenn Sie vom Ende der Toleranz und einer neuen Prüderie sprechen?

Jörg Korell: Das ist natürlich eine provokante These. Es geht uns darum, den Anfeindungen gegenüber der Sexualpädagogik, die meistens darauf abzielen, nur das Weltbild der heterosexuellen Kleinfamilie gesellschaftlich zu zementieren, etwas entgegenzusetzen.

Was meinen Sie mit Prüderie?

Es gibt in vielen Familien die Bestrebung, Kinder möglichst lange von dem Thema Sexualität fernzuhalten, am besten bis zur Volljährigkeit. Diese Stimmen werden in letzter Zeit lauter.

Deshalb nun der Fachtag?

Genau. Wenn man mit jungen Menschen über sexuelle Gesundheit, verschiedene Lebensweisen und deren Akzeptanz sprechen möchte, müssen wir sie auch darin bestärken können, was sie sind: nämlich heterosexuell, homosexuell, bi oder was auch immer.

Warum ist Sexualpädagogik an Schulen wichtig?

Für uns als AIDS-Hilfe ist sie das A und O der Präventionsarbeit. Wenn wir über HIV aufklären wollen und unsere Jugend schützen möchten, müssen wir mit ihnen zwangsläufig über Sex reden. Auch an Schulen.

Ab welchem Alter sollte man mit Kindern über Sex reden?

Wir als AIDS-Hilfe arbeiten mit Jugendlichen ab der 8. Klasse, weil unser Konzept mit speziell geschulten Pädagogen auf junge Menschen ab diesem Alter abgestimmt ist. Das Thema spielt jedoch über das ganze Erziehungsleben hinweg eine Rolle. Ich kenne auch Grundschullehrerinnen, die ihre Schüler mit Erfolg und wohl überlegt an das Thema heranführen. Nicht nur in Hamburg ist das jedoch ein sensibles umstrittenes Thema. Es liegt in der Verantwortung der Lehrkräfte, zu entscheiden, wie sie ihren Unterricht gestalten wollen.  INTERVIEW: KRISTOF BOTKA

Fachtag „Ende der Toleranz – die neue Prüderie“: 14 Uhr, HAW, Alexanderstr. 1