„Nach dem Bombenangriff sah ich Kinder ohne Köpfe“

SYRIEN Im jüngsten Bericht geißelt Amnesty den Einsatz von Fassbomben durch das Assad-Regime

BERLIN taz | Der Terror durch Fassbomben, die das syrische Regime in Gebieten einsetzt, die von der Opposition kontrolliert werden, nimmt kein Ende. Nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) wurden seit 2012 mehr als 11.000 Zivilisten Opfer dieser Waffen. Sie bestehen aus mit Sprengstoff, Benzin und Metallstücken gefüllten Ölfässern und werden von Hubschraubern abgeworfen.

Der Bericht mit dem Titel „Tod überall – Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen in Aleppo, Syrien“ beschreibt den Einsatz von Fassbomben am Beispiel der ehemaligen Wirtschaftsmetropole, eine zwischen Regime und Opposition geteilte Stadt. In Aleppo seien seit Anfang 2014 mehr als 3.000 Zivilisten bei Angriffen mit Fassbomben ums Leben bekommen, heißt es in dem Bericht.

„Nach dem Bombenangriff sah ich Kinder ohne Köpfe, überall lagen Körperteile. So habe ich mir die Hölle vorgestellt“, sagte etwa ein 30-jähriger Fabrikarbeiter nach einen Fassbombenangriff in dem Stadtteil Al-Fardous gegenüber AI. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation verbreitet das Regime mit dem Einsatz dieser Waffe „schieren Terror und unermessliches Leid“ gegenüber der Bevölkerung. AI weist auch auf die Taktik hin, nach einem Angriff etwas zeitverzögert einen zweiten folgen zu lassen – wenn Helfer herbeigeeilt sind, um Verletzten und Verschütteten zu helfen. Dieses Vorgehen ist bekannt von Selbstmordattentätern im Irak.

„Weit verbreitete Gräueltaten, vor allem das teuflische und unnachgiebige Luftbombardement ziviler Viertel durch Regierungstruppen, machen das leben für Zivilisten in Aleppo immer unerträglicher,“ sagt Amnesty-Vertreter Philip Luther. Diese Angriffe, die sich gezielt und systematisch gegen Zivilisten richteten, seien Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Auch bewaffneten Oppositionsgruppen wirft AI Kriegsverbrechen vor. Solche Gruppen – AI zählt mindesten 18 in Aleppo – haben demnach im Jahr 2014 und Anfang 2015 mehrfach Wohngebiete und zivile Einrichtungen in Vierteln beschossen, die vom Regime kontrolliert werden. Die Waffen, die sie dabei einsetzen, werden von den Bewohnern „Höllenkanonen“ genannt. Dabei handelt es sich um improvisierte Sprengkörper. Dazu wird ein Kanonrohr auf ein Gestell mit Rädern montiert. Als Geschosse dienen Propangaszylinder, die mit Sprengstoff und Metallsplittern gefüllt sind. Die Waffe hat eine Reichweite von eineinhalb Kilometern. BEATE SEEL