Wolken und Wannen

MYFEST II Kreuzberg war am Freitag mal wieder bis zum Anschlag voll mit Feierwilligen. Unter diesen wenig übersichtlichen Bedingungen konnte im Görlitzer Park von „Null Toleranz“ keine Rede sein

Es strömt und strömt: Von allen Seiten drängen Menschen heran, das Myfest rund um die Kreuzberger Oranienstraße übt mehr Anziehungskraft aus denn je. Tausende Köfte brutzeln, eine Grillwolke hängt in der Straßenschlucht, Musik dröhnt aus vollen Rohren. Das Bezirksamt hatte im Vorfeld darum gebeten, Kinderwagen und Fahrräder zu Hause zu lassen, aber auch so ist am Freitagnachmittag kein Durchkommen mehr im Kernbereich. „Mir reicht’s“, sagt ein junger Mann und quält sich in Richtung Ausgang. In der Gegenrichtung wird gegen 17 Uhr schon niemand mehr von den Ordnern hineingelassen.

Auch der Görlitzer Park ist dicht belagert. Es wird getrunken, gekifft, getanzt. Dass die Grünanlage vor einem Monat zur Null-Toleranz-Zone erklärt worden ist, interessiert an diesem Tag niemanden – auch nicht die Polizei. „Wäre schwer, das heute durchzusetzen“, sagt ein Beamter auf Nachfrage und schiebt nach: „Außerdem ist das nicht unser Ding. Das ist Sache der Politik.“

Fünfzehn seiner Kollegen bahnen sich einen Weg durch die Menge zum Jugendhaus „Kreuzer“, auf dessen Dach es sich eine Gruppe gemütlich gemacht hat – mit freiem Panoramablick über das wogende Menschenmeer. Freundlich, aber bestimmt fordern die Polizisten die Schaulustigen auf, herunterzukommen.

Wie auf dem gesamten Myfest werden im Görlitzer Park Getränke verkauft – auch Glasflaschen, obwohl das an diesem Tag in der Feiermeile und drum herum verboten ist. Ein türkischer Händler, der Bierkisten auf einer Sackkarre schiebt, sieht sich plötzlich von Zivilbeamten umringt. Er muss einpacken und zur Personalienfeststellung.

Verdammt eng

Währenddessen hat auf der Wiener Straße der Lautsprecherwagen Stellung genommen, der um 18 Uhr die „Revolutionäre 1.-Mai-Demo“ anführen soll. Auf der anderen Straßenseite warten die Polizeiwannen. Die Demo soll am Lausitzer Platz enden – sehr zum Leidwesen des Bezirksamts. „Da könnte es verdammt eng werden“, sagt Bürgermeisterin Monika Herrmann zur taz. Man habe frühzeitig vor diesem Endpunkt gewarnt, ohne Erfolg. Sie rechnet mit 20.000 bis 30.000 Teilnehmern.

Am Ende sind es weniger. Als die Demo kurz vor 21 Uhr ihr Ziel erreicht, qualmt und stampft die Partymeile immer noch. Kälte und Alkohol halten die Leute in Bewegung. PLUTONIA PLARRE