Risiko oder kluger Schachzug?

NEUE WEGE AUF DEM FELD

Für einen Politiker nicht gewöhnlich: Im Moment seiner größten Niederlage – dem Volksentscheid gegen die Bebauung auf dem Tempelhofer Feld – ging der damalige Stadtentwicklungssenator und heutige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) auf seine Gegner zu. Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND, koordiniert seitdem die Bürgerbeteiligung auf dem Feld.

Hohes Risiko oder kluger Schachzug? Zunächst ist die Politik fein raus. Gehen die Bürger nach dem Beteiligungsverfahren mit Veranstaltungen, Workshops und Internetplattform, das im Herbst fertig sein soll, auf die Barrikaden, ist nicht der Senat schuld. Verantwortlich wird dann der Koordinator sein. Müller und sein Nachfolger Andreas Geisel könnten dann die Retter spielen und einen verfahrenen Karren aus dem Dreck ziehen.

Viel wahrscheinlicher aber ist es, dass das Verfahren konstruktiv zu Ende gehen wird. Denn anders als die Politik genießt Heuser einen Vertrauensvorschuss. Wird das, was am Ende als Konsens erstritten wird, nicht umgesetzt, könnten Initiativen zusammen mit Heuser mit dem Finger auf den Senat zeigen – der dann blamiert dastünde.

Leider aber wird das Modell, das am Feld erprobt wird, nicht auf jeden anderen Fall übertragbar sein. Denn das große Ziel in Tempelhof – keine Bebauung – hat der Volksentscheid zum Gesetz gemacht. An anderer Stelle wird um Kompromisse zwischen Freiraum und Bebauung entschieden. Und da hat die Politik schon signalisiert, dass Beteiligung schön und gut ist, aber nur, wenn sie die gewünschten Ergebnisse bringt. Wenn nicht, dann wird wie beim Mauerpark das Verfahren schon mal an sich gezogen. Aus Angst vor einem missliebigen Votum der Bürger.

UWE RADA