Flucht ins Heim

TAZ SALON Sind Kinder auf der Flucht in Bremen willkommen? Eine taz-Diskussion vor der Wahl

Ohne öffentliche Debatte und zum Ende der letzten Sitzung vor der Wahl fasste die Bürgerschaft am Donnerstag den Beschluss: Bremen soll eine geschlossene Einrichtung für Jugendliche bekommen. SPD und Grüne beantragten das unter dem Stichwort „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Bremen“. Ebenso solle sich der Senat für die Umverteilung unbegleiteter Flüchtlingskinder auf die Länder einsetzen, wie es derzeit durch das Bundesfamilienministerium geplant wird.

Denn seit 2014 flüchteten über 750 Minderjährige ohne ihre Eltern nach Bremen. Dieses Jahr soll die Zahl noch steigen. Deshalb – und wegen einer kleinen Gruppe, die häufig straffällig werde, bestehe „dringender Handlungsbedarf“, heißt es im Antrag von SPD und Grünen. Sie folgen damit dem härteren Kurs, mit dem Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) sich im Februar in die Debatte über „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ einschaltete.

Dabei kritisieren Wohlfahrts und Kinderschutzverbände, die Umverteilung von Flüchtlingskindern nach Quote sei mit Zwang verbunden. In vielen Regionen stünden Fachkräfte nicht zur Verfügung. Noch vehementer protestieren Pädagogen wie Strafrechtler gegen die geschlossenen Unterbringung: Die Jugendhilfe, die sich an dem Wohl der Kinder zu orientieren habe, werde durch Ordnungspolitik instrumentalisiert. Eine kleine Gruppe Straffälliger werde von Rechtspopulisten für rassistische Stimmungsmache benutzt.

Ist Bremen nun von der hohen Zahl der Flüchtlingskinder überfordert? Ist das Kindeswohl also ohne Umverteilung gefährdet – oder umgekehrt? Vermeidet eine geschlossene Unterbringung die Untersuchungshaft oder ist es ein Tabubruch hinsichtlich einer integrativ ausgerichteten Pädagogik? Oder ist die unzureichende Ausstattung des Jugendhilfesystems das eigentliche Problem?  JPB

Es diskutieren: Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne), Klaus Möhle (SPD), Sandra Ahrens (CDU), Sofia Leonidakis (Die Linke), Matthias Westerholt (Fluchtraum Bremen e.V.): 19 Uhr, Lagerhaus