Der Kampf um die Zahlen ist eröffnet

WOHNEN Senat und Initiatoren streiten darüber, wie teuer der Mietenvolksentscheid für das Land wäre

Anderthalb Jahre vor einem möglichen Mietenvolksentscheid wird über dessen Auswirkungen gestritten – und zwar anhand von Zahlen: Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) hat in einem Papier vorgerechnet, dass der Gesetzentwurf drastische Kürzungen in anderen Bereichen des Landeshaushalts zur Folge hätte. Am Montag ging auch die Initiative mit einer Rechnung an die Öffentlichkeit. Während Kollatz-Ahnen von durchschnittlichen jährlichen Zusatzkosten von 560 Millionen Euro ausgeht, kommen die Vertreter des Bündnisses auf 151 Millionen Euro – also lediglich 27 Prozent der Senatsschätzung.

Der Gesetzentwurf, den die Initiative zur Abstimmung stellen will, sieht sowohl bei landeseigenen Wohnungsunternehmen als auch für Sozialwohnungen eine Staffelung der Mieten nach Einkommen vor. Die städtischen Wohnungsunternehmen sollen nur mehr gemeinnützig agieren. Auch ein kommunales Neubau- und Ankaufprogramm steht auf der Agenda.

Die Stadtentwicklungsverwaltung hatte die Kosten des Mietenvolksentscheids von 2017 bis 2021 auf insgesamt 3,3 Milliarden Euro geschätzt. Der Finanzsenator wiederum geht von 2,8 Milliarden Euro aus – im Schnitt 560 Millionen Euro pro Jahr. Er habe Gelder, die bereits eh im Haushalt eingeplant seien, abgezogen, erklärte seine Sprecherin die Differenz.

Der Finanzsenator rechnete auch gleich vor, wie stark in anderen Bereichen gekürzt werden müsste, sollte der Mietenentscheid durchkommen: „Um durchschnittlich 560 Millionen Euro pro Jahr zu finanzieren, müsste Berlin ein halbes Jahr auf Kita-Finanzierung verzichten, auf ein Jahr ÖPNV verzichten, fast sieben Jahre lang keine Straßenreinigung durchführen lassen“ und so weiter. Sein Fazit: Eine Bündelung aller verfügbaren Ressourcen in einem Sektor sei „schlichtweg nicht vertretbar“.

„Die Rechnungen des Senators sind an mehreren Stellen falsch“, sagte Rouzbeh Taheri vom Bündnis. Er und seine Kollegen setzen die Kosten viel niedriger an – und schlagen vor, die Grunderwerbsteuer von 6 auf 7,5 Prozent anzuheben, um neue Einnahmen zu generieren. Sie verweisen zudem auf Haushaltsüberschüsse, die auch in den kommenden Jahren zu erwarten seien. Die Initiative hat nach eigenen Angaben in den ersten zwei Wochen schon zehntausend Unterschriften und somit bereits die Hälfte der benötigten Unterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens gesammelt. ANTJE LANG-LENDORFF