Nüchternes Bekenntnis

AUSCHWITZ-PROZESS

Ein Bekenntnis zur „moralischen Mitschuld“ mit „Demut und Reue“ hat der Angeklagte Oskar Gröning im Lüneburger Auschwitz-Prozess abgelegt. Der heute 93-jährige ehemalige SS-Unterscharführer, dem Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen vorgehalten wird, sagte: „Ich bekenne mich.“

Am Dienstag hatte Staatsanwalt Jens Lehmann vor dem Landgericht vorgetragen, Gröning habe das Tötungsgeschehen unterstützt, indem er für die SS das Geld der Todgeweihten annahm und verbuchte. An der Rampe, beim Sortieren der Menschen, habe der SS-Freiwillige ebenfalls Dienst getan – im Wissen, dass die Arbeitsunfähigen ins Gas geschickt würden.

Gröning räumte die Vorwürfe ein. Er berichtete von den Schreien der Juden in den Gaskammern, und wie ein SS-Mann ein Baby, das im Gepäck versteckt gewesen war, so lange gegen einen LKW schlug bis es verstummte.

„Wir haben das für vernünftig gehalten, dass die Feinde des deutschen Volkes ausgerottet werden“, sagte Gröning auf Nachfragen. „Haben Sie mal überlegt, wem das Geld gehörte?“, fasste Richter Franz Kompisch nach. „Dem Staat“, antwortete Gröning – „die Juden brauchten es ja nicht mehr“. An der Rampe sei alles „geordnet“ abgelaufen, das sagte er auch. „Die Vieh- und Güterwagen wurden geöffnet, und die Juden mussten nicht mal ihr Gepäck selber rausbringen. Es hieß: Da ist Personal, das sich kümmert.“ Die Leute seien zu Fuß gegangen, „die einen in die Richtung, die anderen in jene Richtung“, schilderte Gröning die Selektion. „Die Kapazität der Gaskammern und Krematorien war reichlich begrenzt“, was eine „Staffelung“ bedingt habe.

Am Donnerstag sagte William Glied aus. „Ich erinnere mich immer noch so, als wäre es gestern gewesen“, sagte der 85-Jährige aus dem kanadischen Toronto. An der Rampe seien Mutter und Schwester nach links geschickt worden, er selbst und der Vater nach rechts. Rechts bedeutete: Zwangsarbeit statt Gaskammer. Am Dienstag wird die Verhandlung fortgesetzt.  AS