Ursache liegt in der Behörde

Die Verbände haben mehr als vier Jahre mit der Behörde verhandelt, um unter schwierigen Rahmenbedingungen einen Systemwechsel zu ermöglichen, der eine bessere Kindertagesbetreuung in Hamburg sicherstellt.

Um die teilweise harten Folgen für Familien verträglich zu gestalten, haben die Verbände Übergangsregelungen ausgehandelt. Betroffenen Familien konnte so zumindest ein Zeitraum von sechs Monaten zur Verfügung gestellt werden, um sich auf Veränderungen in der Betreuungszeit ihrer Kinder einstellen zu können. Sie ohne angemessene Vorbereitung mit den neuen, im übrigen nicht (!) mit den Trägern verhandelten Bewilligungskriterien zu konfrontieren, hätte diese Eltern sozusagen über Nacht ins „Betreuungschaos“ gestürzt. Niemand, der sich für Kinder und Familien in Hamburg einsetzt, hätte dies ernsthaft wollen können.

Das neue System und die daraus resultierende Konkurrenz unter den Einrichtungen hat zur Folge, dass alle Einrichtungen ihre Qualität überprüfen und steigern müssen. Aus diesem Grunde werden pädagogische Inhalte neu überdacht und Angebotsstrukturen den Bedürfnissen der Familien anpasst. Die breite fachliche Diskussion der Ergebnisse der Pisastudie hat die Notwendigkeit der Bildungsarbeit in Kindertageseinrichtungen ins Zentrum gerückt. Die Erfüllung des gesellschaftlichen Auftrags zur Erziehung und Bildung in den Kitas setzt also eine qualifizierte Personalausstattung voraus.

Die Kindertageseinrichtungen kommen aber auch Erfordernissen der Eltern in Betreuungszeiten und -formen entgegen, indem sie ihre Angebote flexibler gestalten. Eltern können beispielsweise ihre Kinder bei einer vierstündigen Betreuung sowohl von 8 bis 12 Uhr als auch von 9 bis 13 Uhr in die gleiche Kita bringen. Dieses Angebot bedeutet für die Einrichtung eine Erweiterung der Öffnungszeiten und für die Eltern mehr Flexibilität.

Das neue Gutscheinsystem mit dem finanziellen Risiko auf Seiten des Trägers setzt für LeiterInnen eine quantitative und qualitative Veränderung des Aufgabengebietes und neue Kompetenzen voraus. Ihre bisherigen Aufgaben werden um die einer Managerin eines Kleinbetriebes erweitert: betriebswirtschaftliche Führung, Controlling, Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und die nachweisbare Qualitätssicherung. Diesem Aufgabenzuwachs muss durch zusätzliche Stunden im Leitungsbereich Rechnung getragen werden, sonst schlägt er sich negativ auf die pädagogische Zeit mit den Kindern nieder.

Aufgrund dieser zahlreichen Veränderungen ist von Beginn an deutlich geworden, dass der mit dem System zwingend einhergehende personelle Mehraufwand auch mehr Kosten verursacht. In allen Gesprächen mit der Behörde wurde uns jedoch versichert, dass diese Mehrausgaben durch Effizienzgewinne im neuen System aufgefangen werden. Die Verbände haben so angesichts schwieriger Rahmenbedingungen eine Steigerung der Qualität und eine stärkere Flexibilität in der Betreuung von Kindern in Hamburg ermöglicht. Die Ursachen für Kostensteigerungen sind somit nicht in den Verhandlungen der Träger mit der Behörde zu suchen. Sie liegen ausschließlich in der Behörde selbst.

NORBERT KESSLER

Direktor der Caritas Hamburg und Jugendhilfesprecher der AG der freien Wohlfahrtspflege