Gesundheit im Millionengrab

Vertrauliches Senatspapier offenbart, dass Hamburg nach Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser weiterhin finanzielles Risiko trägt. Stadt zahlt für Kredite und verzichtet auf Mieteinnahmen. Opposition spricht von kaufmännischer Katastrophe

von ELKE SPANNER

Die Ziele, die der Senat mit dem Verkauf des Landesbetriebes Krankenhäuser (LBK) erreichen will, hat er in einer internen Drucksache definiert. Durch die Veräußerung an die Asklepios-Klinikkette, heißt es dort, „wird der Haushalt der Stadt von Zukunftsrisiken entlastet“. Nur wenige Sätze weiter entpuppt sich diese Aussage als Makulatur. Denn aus dem vertraulichen Senatspapier, das der NDR gestern veröffentlichte und das auch der taz vorliegt, ergibt sich, dass die Stadt weiterhin das geschäftliche Risiko des LBK trägt.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Matthias Petersen, hält dem Senat vor, dass „kein Hamburger Kaufmann diesen Vertrag unterschrieben hätte“. Und der wirtschaftspolitische Sprecher der GAL, Jens Kerstan, appelliert an das Parlament, die Zustimmung zum Vertrag zu verweigern: „Die Bürgerschaft darf diesem Verkauf zu katastrophal schlechten Bedingungen nicht zustimmen.“

Bereits bei der Präsentation der Asklepios GmbH als Käufer hatte der Senat am Dienstag eingeräumt, dass die immensen Pensionslasten für frühere MitarbeiterInnen des LBK bei der Stadt verbleiben – während bisher stets als Argument für den Verkauf galt, dass die Stadt diese loswerden wolle. Gestern nun wurde bekannt, dass die Stadt weitere finanzielle Belastungen tragen wird.

Zum einen verringert sich der ausgehandelte Kaufpreis in Höhe von 318,625 Millionen, wenn der Investor mit dem neuen LBK in den kommenden Jahren weniger Geld einnimmt als geplant. Die erste Kaufrate in Höhe von 200 Millionen Euro wird ohnehin erst im Jahr 2005 gezahlt. Die zweite ist mit dem Börsengang des neuen LBK fällig – wobei offen ist, wann dieser erfolgen soll. Und sollte die Bilanz der Asklepios von 2004 bis 2008 schlechter ausfallen als erhofft, vermindert sich der Kaufpreis nachträglich um bis zu 75 Millionen Euro. Schon jetzt ist so gut wie sicher, dass Asklepios diese Absenkung geltend machen kann. Im Jahr 2004 wird der LBK keine Erlöse machen, da das Krankenhausbudget um ein Prozent abgesenkt wird.

Zum anderen hat der Senat dem Investor vertraglich zugesichert, sämtliche Altlasten des LBK, die sich auf 526 Millionen Euro belaufen und derzeit über ein zinsloses Darlehen der städtischen Landeshauptkasse getragen werden, nach dem Verkauf durch ein Bankdarlehen abzuzahlen – zu einer Zinslast von 4,5 Prozent. Für die Stadt also wird die Tilgung der Schulden sehr teuer – und Einnahmen, durch die diese beglichen werden könnten, hat sie nicht. Denn in einem weiteren Vertragspunkt hat der Senat Asklepios zugesichert, dass sie für die Nutzung der Grundstücke der LBK-Krankenhäuser 60 Jahre lang keine Miete oder Pachtzins zu entrichten hat. Diese Zahlungen, heißt es, „sind bereits mit dem Kaufpreis abgegolten“.

„Die Stadt“, resümiert deshalb der GAL-Abgeordnete Jens Kerstan, „gibt ihren Einfluss auf die Hamburger Krankenhausversorgung auf, ohne dass dem ein finanzieller Gewinn gegenübersteht.“ Und auch Petersen bilanziert: „Dieses Geschäft ist ein Millionengrab für Hamburg.“