WEIHNACHTSMARKT
: Zuckerrosetten

Ein koreanisches Paar beäugt das Angebot

Die zuckersüße Welt am Alex wird mit Klängen weihnachtlichen Liedguts berieselt. Als würden wir am Mittelmeer leben, drängen sich die Massen auf dem Weihnachtsmarkt. Man wärmt sich am Heizpilz, hält Körper und Geist mittels Glühwein und Feuerzangenbowle in Schwung. „Ach“, sagt einer, der gerade Glühwein mit „Schuss“ nachtankt, zu einer fremden Frau. „Ich brauch echt keinen Alkohol, um in Stimmung zu kommen. Höchstens Champagner. Da redet es sich leichter“, erklärt er mit beschwipster Stimme.

Neben Waren aus aller Welt wie Miniaturmalerei auf Kamelknochen, Fischkeramik aus Esfahan, Olivenholz aus Bethlehem gibt es Produkte, die getrost als typisch deutsch bezeichnet werden dürfen. Handgemachte Volkskunst aus dem Erzgebirge in Gestalt weißhaariger Räuchermännchen, zünftiger Nussknacker, vor sich hin rotierender Weihnachtspyramiden. Oder Spitzendecken aus Plauen. Ein koreanisches Paar beäugt das Angebot. Sie notieren Reiseeindrücke in ihrem Netbook. Werden sie zu Hause berichten, dass die Deutschen in diesen Gegenständen wohnen? Schön schrill sind die Lebkuchenherzen. Verziert mit Zuckerrosetten und Erklärungen wie „Du bringst mein Herz zum Klopfen“. Auch was mit „Schatzi“ gibt es zu kaufen oder „Schaumschläger“ für den Ernstfall. Was die Oversizeformate in Sachen Wurst wohl signalisieren sollen? Die „Currywurst XXL“, der „halbe Meter Bratwurst“. Dass es gut geht im Land? Dass der Mensch sich was gönnt?

Über dem heiteren Treiben wacht Meeresgott Neptun im Zentrum einer künstlichen Eisbahn. Über die Piste gleitet meisterhaft ein Eisprinz und dreht glänzend Pirouetten. Ein Kind fällt lachend hin. Fünf junge Frauen ziehen singend über den Markt. Sie sammeln für ihren Abiturball, meldet das Schild, dass sie bei sich tragen. Die Menschen geben gerne. „Bitte schön.“

GUNDA SCHWANTJE