RALPH BOLLMANNPOLITIK VON OBEN
: Der Spaß am Rechthaben

Der Moment, als der Opel-Verkauf platzte, war mir eine Genugtuung

Wenn Journalisten recht behalten, haben die Betroffenen meistens Pech gehabt. Unsere Berufsgruppe neigt zu professionellem Pessimismus, schon aus Selbstschutz. „Zu unkritisch“ ist ein vernichtendes Urteil, „zu kritisch“ hingegen das höchste Lob, obwohl schlecht informiertes Nörgeln im Alltag oft viel leichter ist.

Den Tag, an dem der geplatzte Opel-Verkauf die deutsche Politik in Schockstarre versetzte, konnte ich hingegen ganz unbeschwert genießen. Richtig aufgeregt hatte ich mich darüber, wie vernunftwidrig die meisten Politiker bei diesem Thema einer von ihnen vermuteten Wählermeinung nach dem Mund redeten.

Ressentiments gegen amerikanische Kapitalisten und unseriöse Italiener hatten sich mit dubiosen Träumen von einer Expansion im Osten zu einer unappetitlichen Mischung verbunden. Die langfristige Zukunft der Fabriken war durch ein dubioses österreichisch-russisches Konsortium keineswegs gesichert, auch wenn die Opel-Arbeiter das irrtümlich glaubten.

Deshalb zählte das Entsetzen, das sich an diesem Tag auf den Gesichtern von Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier zeigte, für mich zu den Höhepunkten des Jahres – auch wenn ich dafür die Genugtuung Karl-Theodor zu Guttenbergs in Kauf nehmen musste. Als Lektion, dass sich in der Politik nicht alles nach Gusto zurechtbiegen und für den Wahlkampf nutzbar machen lässt. Dass die Kunstwelt von Vorurteilen am Ende doch eine Grenze findet in der realen Welt des Faktischen. Die Freude darüber war umso unbeschwerter, als sie in diesem Fall nicht zu Lasten der Betroffenen ging.

■ Der Autor leitet das Parlamentsbüro der taz Foto: Matthias Urbach