„Von Stimmen ferngesteuert“

URTEIL Folgenschwere Halluzinationen führten vor einem halben Jahr zu dem Mord an zwei Frauen in Findorff. Der Täter muss in die Psychiatrie

Die Stimmen sagten, ihm könne nichts passieren – die Polizei sei eingeweiht

Nach den tödlichen Messerstichen gegen zwei Frauen in Bremen ist ein 41-Jähriger in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen worden. Das Landgericht sieht es als erwiesen an, dass der Täter bei dem Gewaltexzess von „inneren Stimmen“ geleitet im Zustand einer „akut halluzinatorischen Psychose“ handelte. Der 41-Jährige sei in einer anderen Realität gewesen, als die Tat im Januar begangen wurde, sagte die vorsitzende Richterin Barbara Lätzel gestern in ihrer Urteilsbegründung.

Der 41-Jährige hatte zugegeben, eine 59-Jährige und ihre 58 Jahre alte Nachbarin mit einem Küchenmesser erstochen zu haben. Wie ferngesteuert von den inneren Stimmen, unter anderem des „Desperate Housewives“-Stars Eva Longoria, sei es schließlich zu dem Gewaltausbruch gekommen. Die Stimmen hätten ihm noch gesagt, ihm könne nichts passieren, die Polizei sei eingeweiht.

Der Beschuldigte war am Tattag einer der beiden Frauen auf der Straße gefolgt. Seine beiden Opfer hatte er schließlich in ein Haus gedrängt. Dort tötete er mit dem Küchenmesser das erste Opfer. Die zweite Frau stellte er auf der Flucht und stach mehrmals auf sie ein. „Es gab keine, irgendwie geartete Vorbeziehung“, beschrieb Lätzel das Verhältnis des 41-Jährigen zu seinen Opfern.

Wie könne man eine so sinnlose Tat den Menschen erklären, die ihre Lieben verloren haben, fragte die Richterin in der Urteilsbegründung. „Die Justiz muss so gut wie möglich dafür sorgen, dass der Beschuldigte nicht wieder töten kann.“ Wichtig sei, ihm zu helfen und, die Gesellschaft zu schützen. „Ohne seine Krankheit, wäre die Tat nicht denkbar gewesen.“

Strafrechtlich wäre das Verbrechen des vor Gericht abwesend wirkenden 41-Jährigen zweifacher Totschlag gewesen. Doch Gutachter hatten im Verlauf des Verfahrens die schwere psychische Erkrankung des Mannes, seinen Cannabis-Konsum, sein zerrüttetes Verhältnis zu seiner Mutter und sein Leben am sozialen Rand beschrieben. „Man muss dafür sorgen, dass die Stimmen nicht mehr hörbar sind und er hat lange mit den Stimmen gelebt“, beschrieb Anwalt Udo Würtz seinen Mandanten nach dem Richterspruch.

Er habe lange alleine am Rande der Gesellschaft gelebt und die Stimmen seien sein Kontakt zur Außenwelt gewesen. Damit hänge auch seine bisherige Verweigerung einer Therapie und von Medikamenten zusammen. „Er hat bisher nie einen Leidensdruck gehabt.“ In seinem Schlusswort hatte der Beschuldigte Reue gezeigt: „Ich möchte nur sagen, dass mir das alles sehr Leid tut.“ Die Richterin erwiderte am Donnerstag: „Ich will Ihnen das glauben und ich will Ihnen das gerne glauben.“ Sie appellierte an den 41-Jährigen, bald mit einer Therapie zu beginnen und die nötigen Medikamente zu nehmen. Wie lange der Messerstecher in der Klinik bleiben muss ist unklar. Sein Anwalt glaubt: „Das dauert lange.“ dpa