Nkurunziza sitzt fest im Sattel, aber der Sattel wackelt

BURUNDI Unwahrscheinlich hohe Wahlbeteiligung bei Wiederwahl des Präsidenten. Beobachter skeptisch

Dorfvorsteher hätten nachmittags Nichtwähler von den Feldern zu den Wahllokalen gezerrt

AUS BUJUMBURA SIMONE SCHLINDWEIN

Im Gleichschritt marschieren Soldaten, Polizisten, Pfadfinder und Beamte den Boulevard entlang. Mit Pomp und Paraden protzt die Regierung an Burundis 48. Unabhängigkeitstag. Präsident Pierre Nkurunziza, gerade frisch im Amt bestätigt, demonstriert: Er sitzt fest im Sattel.

Das Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom Montag überrascht niemanden: Mit 91,62 Prozent wurde Nkurunziza wiedergewählt. Gegenkandidaten gab es nicht. Die Oppositionsparteien hatten boykottiert und die Bevölkerung aufgerufen, nicht wählen zu gehen. Eine Serie Granatanschläge tat ihr übriges. Am Wahltag waren viele Wahllokale wie ausgestorben.

Die offiziellen Zahlen der Wahlbeteiligung sorgten deswegen für Entsetzen. Rund 77 Prozent der 3,5 Millionen Wahlberechtigen seien wählen gegangen, erklärte die Wahlkommission. Darüber kann Journalist Alexander Niyungeko nur den Kopf schütteln. „Ich kann mir nicht erklären, wie die hohe Zahl der Wahlbeteiligung zustande kommt“, sagt er ratlos. Er nennt als Beispiel die Provinz Makamba, nahe der Grenze zu Tansania. Gegen Mittag hatte dort keine einzige Kommune auch nur 30 Prozent Wahlbeteiligung.

15 Radiostationen hatten ein gemeinsames Programm namens „Synergy“ auf die Beine gestellt. Rund 150 Reporter berichteten live aus den Wahllokalen. Niyungeko hat diese Meldungen im „Haus der Presse“ zusammenaddiert. Deswegen glaubt er den offiziellen Zahlen nicht.

Wahlbeobachter der Zivilgesellschaft haben ihre eigene Erklärung. In ländlichen Regionen seien am Nachmittag Dorfvorsteher auf die Felder gegangen und hätten die Nichtwähler zu den Wahllokalen gezerrt, sagt Pacifique Nininahazwe, Chef des „Forums zur Stärkung der Zivilgesellschaft“ (Forsc).

Wie es weitergeht, hängt von der Opposition ab. Der Chef der stärksten Oppositionspartei und Ex-Hutu-Miliz FNL (Nationale Befreiungsfront), Agathon Rwasa, meldete sich aus den Bergen: Er fürchte um sein Leben. Es mehren sich Gerüchte, dass ehemalige FNL-Kämpfer samt Waffen aus der Armee desertieren.