Zusammengeschweißte Underdogs

BUNDESLIGA Nach der 2:3-Heimniederlage gegen den FSV Mainz 05 will sich beim SC Freiburg niemand so richtig ärgern. Die beiden Klubs wähnen sich schließlich als Verbündete gegen die übermächtigen Reichen der Liga

Mainz-Boss Strutz gibt mit seiner Band The Rockin’ Stags ein Konzert: für ein neues Stadion in Freiburg

AUS FREIBURG CHRISTOPH RUF

Christian Streich hatte nach der 2:3-Niederlage des Freiburger SC gegen Mainz 05 noch eine Bitte an höhere Instanzen. „Wir wünschen uns jetzt noch ein Spiel, das wir so gewinnen, wie Mainz heute sein Spiel gewonnen hat.“ Ein Spiel also, in dem Freiburg nicht glänzen muss, um zu gewinnen, meinte der SC-Trainer. Eines, bei dem man „aus drei Chancen drei Tore macht“, wie es Mainz bei den Toren von Shinji Okazaki (39. und 45. Minute) und Yunnus Malli (83.) gelungen sei.

Nun wusste auch der Freiburger Coach, dass das ein wenig missgünstig klang. Und da man im Südbadischen zum einen von sich behauptet, jeden Gegner mit „Reschbekt“ zu behandeln und sich die Offiziellen beider Vereine zum anderen seit jeher auf (fast) allen Ebenen gut verstehen, schob Streich schnell noch einen Satz nach. Die Leistung der Mainzer solle das alles keinesfalls schmälern: „Wer das schafft, der hat ein Spiel auch verdient gewonnen.“

Tatsächlich konnte man das durchaus so sehen, als Sieg der Effizienz. Zwar stimmt es, dass Freiburg das optisch überlegene Team war und sich das Chancenverhältnis ähnlich wie bei einem DFB-Pokal-Erstrundenspiel zwischen einem Erst- und einem Verbandsligisten gestaltet hatte. Doch in dem, worauf es ankommt, da lag eben Mainz vorne. Wer sah, wie stümperhaft der SC seine etwa 15 Chancen vergab, konnte nicht umhin, dem FSV-Trainer Martin Schmidt recht zu geben, wenn er die Mainzer Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor anpries. „Ich möchte schon die Qualität bei Kontern hervorheben“, sagte er. „Das war nicht nur ein glücklicher, erkämpfter Sieg. Da haben Glück und Qualität zusammengefunden.“

Zumal Doppeltorschütze Okazaki seine Saisontreffer elf und zwölf erzielte, fast ein Drittel der 40 Mainzer Tore hat also der Japaner beigetragen. „Wir brauchen nicht viele Chancen, um Tore zu machen“, sagte Verteidiger Daniel Brosinski. „Zum Glück haben wir Shinji vorne.“ Okazaki darf sich damit auch als einer der Hauptverantwortlichen dafür fühlen, dass die 05er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in der kommenden Spielzeit erstklassig sein werden. 34 Zähler haben die Mainzer nun auf dem Konto. Das sollte genügen, um in den verbleibenden fünf Spielen den Klassenerhalt zu sichern.

So sah es auch der Mainzer Präsident Harald Strutz, der mit seiner Band The Rockin’ Stags am Freitag bei einer vom SC organisierten Veranstaltung aufgetreten war und Klassiker wie „Satisfaction“ oder Joan Jetts „I Love Rock ’n’ Roll“ aufgeführt hatte. Anlass des Termins war jedoch weniger die musikalische Reise in die Vergangenheit als die Freiburger Imagepflege in Sachen Stadionbau. Der Mainzer Bürgermeister Günter Beck, den Strutz mitgebracht hatte, sagte dann auch brav, die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt habe ihre 2011 eröffnete Coface-Arena trotz einer Milliarde städtischer Schulden gestemmt, das müsse das reichere Freiburg dann doch auch hinbekommen. Und da man sich Freitagnacht so gut zusammen amüsiert hatte, betonte Strutz am Samstag noch einmal, wie dicke man ist: „Wir sind mit den Freiburgern freundschaftlich verbunden und wünschen ihnen alles Gute zum Klassenerhalt.“ Mainz und Freiburg seien die „Underdogs der Liga“, das schweiße zusammen.

Das sehen sie in Freiburg durchaus ähnlich: Mit Mainz wähnt man in einer Solidargemeinschaft, zu der sonst nur noch Augsburg gehört: solide geführt, mit unverrückbarem sportlichem Konzept – und dennoch stets in der Gefahr, von den Neureichen aus der Zweiten Liga dauerhaft verdrängt zu werden. Wenn Mainz und Freiburg auch in diesem Jahr wieder den Klassenerhalt schaffen sollten, sähe man das also durchaus auch mit trotziger Zufriedenheit.

Beim SC Freiburg will man nun versuchen, am Samstag in Stuttgart die drei Zähler zu holen, die man gegen Mainz liegen gelassen hat. Es ist das erste von vier Spielen gegen alle vier Mannschaften, die in der Tabelle noch unter den Freiburgern stehen. Das Restprogramm könnte also schwerer sein, lediglich gegen die Bayern am vorletzten Spieltag wähnt man sich chancenlos. Gut möglich also, dass sich die zwei erklärten Underdogs auch in der kommenden Saison wieder ihrer Zuneigung versichern können.