Fauler Kompromiss bei Lloyd

WIRTSCHAFT Einen Kompromiss-Vorschlag über die Zukunft der Lloyd-Werft hat deren Betriebsrat abgelehnt. Jetzt entscheidet jedeR MitarbeiterIn für sich

Von den einst 1.500 Mitarbeitern der Lloydwerft in Bremerhaven sind heute knapp 350 übrig.

■ 1857 wurde sie als Werkstatt der Reederei Norddeutscher Lloyd gegründet.

■ 1970 fusionierte sie mit Hapag zu Hapag-Lloyd, wurde 1973 selbstständig und gehörte von 1984 bis zu dessen Konkurs 1996 zum Bremer Vulkan.

■ Nach einer Insolvenz im Jahr 2004 ging sie insolvent und wurde danach teilweise vom Land Bremen übernommen.

■ 2011 kaufte Dieter Petram die Werft, der zukünftig wieder eigene Schiffe bauen will, unter anderem für den Offshore-Windenergie-Bereich.

Zustimmen oder entlassen werden – das ist die Wahl, vor der die MitarbeiterInnen der Lloyd-Werft stehen. Bis Freitag sollen sie sich einzeln entscheiden, ob sie einem neuen Tarifvertrag zustimmen. Am Montag wurde er auf einer Belegschaftsversammlung vorgestellt und basiert auf einem Kompromiss-Vorschlag, den der Betriebsrat ablehnt, weil weiterhin 42 MitarbeiterInnen entlassen werden sollen.

Zudem soll das Weihnachtsgeld in den nächsten Jahren gekürzt und die Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich von 35 auf 40 Stunden angehoben werden. Das würde der Betriebsrat sogar in Kauf nehmen – wenn dafür die Beschäftigung aller MitarbeiterInnen gesichert würde.

Vermittler Wolfgang von Betteray hingegen sagte zu Radio Bremen, dass es keine Alternative zu den Kündigungen gebe. Nur mit den vorgeschlagenen Kürzungen habe die Lloyd-Werft angesichts des schwachen Marktes überhaupt eine Chance, so von Betteray. Er war vom Betriebsrat und der Geschäftsführung vor knapp drei Monaten hinzugezogen worden.

Unter den 42 MitarbeiterInnen, die entlassen werden sollen, sind laut Betriebsrat Vertrauensleute, Betriebsräte und Schwerbehinderte. Den Kündigungen wurde nicht zugestimmt. „Wir halten das für Willkür“, so Betriebsratsvorsitzender Daniel Müller. Er kritisiert, dass gleichzeitig die Leiharbeit ausgeweitet werden soll.

Hafensenator Martin Günthner (SPD) hatte im Dezember bedauert, dass dem Vorschlag nicht zugestimmt wurde. In einem offenen Brief schrieb er Ende Dezember, die „Dramatik der Situation“ solle nicht unterschätzt werden. Sein Sprecher Holger Bruns betonte, dass es auf dem Schiffsbaumarkt seit Jahren eine Krise gebe, auf die reagiert werden müsse.

Der Streit zwischen Beschäftigten und Geschäftsführung der Lloyd-Werft läuft um die Umstrukturierung, mit der der Besitzer Dieter Petram die Werft zukunftsfähig machen will. Ursprünglich sollten 120 Leute entlassen werden. Ein Vermittlungsvorschlag von Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD), der ohne Entlassungen auskam, wurde von Petram im Sommer abgelehnt.

Die Geschäftsführung war für eine Stellungnahme am Dienstag nicht zu erreichen.  JPB