DER MONAT, DER WIRD
: Schummeln mit Fummeln

VORSCHAU Doppelpässe im Weltall und auf Erden mit sich selbst sowie Schweizer in schluchzenden Schluchten

München, 3. November: Der Streit um Xabi Alonsos Passstatistiken geht weiter. Nachdem der Spanier in Diensten des FC Bayern zuletzt 243 Ballkontakte in einem Spiel hatte, ergaben Recherchen der Investigationspostille kicker erhebliche Unregelmäßigkeiten. „Wenn sich Alonso den Ball selbst zuspielt, links-rechts-links-rechts, wird das mitgezählt. Das ist Schummeln mit Fummeln.“ Alonso protestiert: „Die Gegner können ja die Tiki-Taka-Pässe mit mir selbst zu unterbinden versuchen. Ich schaffe auch noch 500.“

Bremen, 9. November: Die Bilanz der Karate-WM fällt wenig überraschend aus. In der Disziplin Holz-Durchschlag holt die sehr widerstandsfähige Robinie erneut Gold vor dem kanadischen Ahorn. Das stahlharte brasilianische Tropenholz Sucupira war des Harz-Dopings überführt worden und disqualifiziert. Überraschend Dritter wird die Eiche. „Wir haben hart trainiert und sind hart geblieben“, so der deutscheste aller Bäume am Tag des Mauerfalls. Erle und Kastanie hatten sich nur für den Kinderwettbewerb qualifizieren können. „Das Weichei Fichte“ (Das Fachblatt Der Handholzfäller) bleibt in der schwedischen Ikea-Kreisliga.

Nürnberg, 15. November: Lange steht es im EM-Qualifikationsspiel 0:0 zwischen Deutschland und Gibraltar, gegen den die DFB-Elf bekanntlich noch nie gewinnen konnte. Das kritische Nürnberger Publikum zeigt schon erste Unmutsäußerungen: „Deutschland ist ein Depp.“ Endlich, nach fast dreidreiviertel Minuten gelingt Lukas Podolski der erste Treffer in der Partie. Der übermütige Arsenal-Kanonier („Wenn ich mein Cousin wäre, wäre ich auch stolz auf mich“) donnert kurz danach einen Elfmeter so weit über das Tor, dass der einsame Hoeneß-Ball (Europameisterschaftsfinale 1976) endlich einen Spielpartner in der Umlaufbahn hat. Das Match auch ohne Bayern-Spieler (siehe unten) endet mit Gibraltars Standardergebnis: 0:7.

Lille, 23. November: Durch ein 3:2 gegen Frankreich gewinnt die Schweiz erstmals den Tennis-Daviscup. Das kleine, langsame Land wird zu einer „rasenden Furie des Überschwangs“ (NZZ). Mehrere wildfremde Menschen lernen sich im Jubelrausch persönlich kennen. Alkohole fließen, viele ungehemmt. Die Almen tanzen, Kühe geben Sahne statt profaner Milch, ein Gletscher schmilzt vor Glück dahin, Schluchten schluchzen. Roger Federer wird zum Wilhelm Tell 2.0 ausgerufen. „Der Apfel ist tot, es lebe der Filzball“, heißt es jetzt in der Nationalhymne.

Aspen, 29. November: Sie rasen wieder. Kugelbehelmte Anonymusse stürzen sich Berghänge hinab, schrill verkleidet, als wäre schon Karneval, einer schneller als der andere, mit dem menschlichen Auge nicht zu erkennen. Skiweltcup. Die Hollywood-Actrice Lindsey Vonn, im Nebenjob Rennfahrerin, heult bei ihrem ersten Lauf nach langer Verletzung vor Glück Sturzbäche an Tränen. Vonn dehydriert. Die Strecke wird wegen Vereisung gesperrt.

Sölden, 30. November: Angestachelt vom „orgiastischen Auftaktevent in den Amerika-Alpen“ (Der Standard aus Aspen) versucht die „geborene Skination Österreich“ (ebenda) ihr Wirken im Wolkenfummeln zu verfeinern: Ihre fähigsten Herrn Diplomingenieure produzieren nächtens ein chemisch-künstliches Gewölk, aus dem es morgens wie natürlich schneien soll. Die Premiere gerät zum Desaster: Erste Versuchspisten samt angrenzenden Ortschaften werden unter einer Himmelslawine verschüttet.

München, 30. November: Der FC Bayern München ist nach vier Nachholspielen binnen 48 Stunden wieder Tabellenführer der Fußball-Bundesliga. Die Münchner waren Anfang November zu einer gut dreiwöchigen PR-Tour nach China ins „Reich der Mittel“ (Haus-Jargon) aufgebrochen. „Wir stehen kurz vor Abschluss eines üppigen Sponsorenvertrages mit der Mega-Handelsplattform Alibaba“, verkündet Manager Karl-Heinz Rummenigge stolzbrüstig. Er versucht einen mutigen Scherz mit Alibaba und Zauberfußball – und erntet die üblichen Höflichkeitslacher. Karl Valentin weint.

BERND MÜLLENDER