Proteste gegen das Militär

BURKINA FASO Die Armee übernimmt die Macht und nennt keinen Termin für Neuwahlen. Die Opposition lehnt dies ab und will den Sturz des neuen Machthabers Isaac Zida

Burkina Fasos Militär ist ein wichtiger Partner Frankreichs und der USA

VON DOMINIC JOHNSON

BERLIN taz | Burkina Faso kommt nach dem Rücktritt des langjährigen Präsidenten Blaise Compaoré nicht zur Ruhe. Auch am Sonntag gingen wieder tausende Menschen in der Hauptstadt Ouagadougou auf die Straße. Oppositionelle hatten zu neuen Demonstrationen aufgerufen, nachdem klar geworden ist, dass die Macht vorerst fest in den Händen Compaoré-treuer Offiziere bleibt.

Die Opposition und die UNO forderten den Rückzug des Militärs aus der Übergangsregierung. „Der Sieg, der aus diesem Volksaufstand hervorgeht, gehört dem Volk“, hieß es in einem am Sonntag verbreiteten Aufruf mehrerer zivilgesellschaftlicher Gruppen laut epd.

In der Nacht zum Samstag hatte sich Oberstleutnant Yacouba Isaac Zida, Vizekommandeur der Präsidialgarde, zum Chef einer Übergangsregierung erklärt, die das Land bis zu neuen Wahlen leiten soll. Er schob damit Generalstabschef Honoré Traoré zur Seite, der sich nach Compaorés Rücktritt am Freitagnachmittag als Erster zum neuen Präsidenten ausgerufen hatte. Offensichtlich gab es einen Machtkampf an der Spitze des Militärs.

Am Samstag setzte Traoré dem selbst am Ende, indem er eine Erklärung verbreitete, wonach Zida Übergangspräsident sei. Dies habe die Militärführung „einstimmig“ beschlossen. „Alle Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten und zivilen Mitarbeiter der Streitkräfte begrüßen die Bekräftigung der Einheit und des Zusammenhalts der Armee“, hieß es in der Erklärung – ein Satz, der nicht nötig wäre, wenn es zuvor kein Problem gegeben hätte.

Zida ist durchaus beliebt bei Teilen der Protestbewegung, die am Donnerstag durch Massenproteste in Burkina Faso erst die Rücknahme einer geplanten Verfassungsänderung zugunsten von Präsident Compaoré und schließlich ihn selbst zum Rücktritt gezwungen hatte. Der Oberstleutnant hatte sich Berichten zufolge geweigert, die Präsidialgarde das Feuer auf Demonstranten eröffnen zu lassen, als diese sich dem Präsidentenpalast näherten.

Zida gilt andererseits jedoch als langjähriger Gefolgsmann Compaorés, ebenso wie sein Interimsvorgänger Traoré. Es wird vermutet, dass Compaoré vor seiner Rücktrittserklärung am Freitagnachmittag selbst zusammen mit den hohen Generälen die Nachfolgefrage regelte – in Absprache mit den internationalen Verbündeten: Burkina Fasos Militär ist ein wichtiger Partner Frankreichs und den USA bei Antiterroroperationen gegen Islamisten in der Sahelzone.

Zivile Oppositionelle erklärten, sie lehnten eine Übergangsregierung unter militärischer Führung ab. Sie fürchten, dass sich das Militär nun an der Macht bleiben könnte. Während es zunächst geheißen hatte, der Übergang zu Neuwahlen werde höchstens 90 Tage dauern, steht jetzt in der Erklärung zur Einsetzung Zidas als Übergangspräsident: „Die Dauer und die Form der Übergangsperiode werden später in Absprache mit allen Bereichen des nationalen Lebens festgelegt.“

Am Samstag herrschte zunächst Ruhe in Ouagadougou. Viele Menschen folgten Aufrufen der Opposition, nach den Plünderungen und Bränden die Straßen aufzuräumen.

Compaoré hält sich mittlerweile in der Elfenbeinküste auf, deren Präsident Alassane Ouattara ihm eng verbunden ist. Mehrere Millionen Menschen burkinischer Abstammung leben in der Elfenbeinküste. Ihre Diskriminierung war ein Faktor bei bewaffneten Konflikten in dem Land zwischen 2002 und 2011. Von Burkina unterstützte ivorische Rebellen hatten 2011 dafür gesorgt, Ouattara – dem selbst burkinische Abstammung vorgeworfen wird – zum Präsidenten zu küren, nachdem sein Sieg bei der Wahl 2010 vom vorherigen Amtsinhaber Laurent Gbagbo nicht anerkannt worden war.