Männer im Wald

THEATER Die Shakespeare Company zeigt „Wie es euch gefällt“ als zotige Männer-Klamotte. Dabei wird hin und wieder auch ganz vorsichtig an Geschlechteridentitäten gerüttelt

Zwischen Rosalind und Orlando entstehen hübsch-queere Momente

VON JAN-PAUL KOOPMANN

Ausgekugelte Schultern, Tritte in die Kniekehlen und schmerzverzehrte Gesichter: In der Bremer Shakespeare Company wird „Wie es euch gefällt“ mit außerordentlichem Körpereinsatz gespielt. Nicht nur in den Kampfszenen inszeniert Thomas Weber-Schallauer die Komödie als Männerstück.

Da geht’s in vielfachen Konstellationen um Brüder, um Väter und um Männerfreundschaften – vor allem um die Probleme, die echte Kerle mit sowas haben: Weinen dürfen sie nicht, in der Liebe sind sie chronisch unbeholfen und endlich unter sich, fällt ihnen nichts besseres ein, als mit blöden Zoten um sich zu werfen.

Dabei ist Dreh- und Angelpunkt der Geschichte doch eigentlich eine Frau: Die junge Rosalind, die in den Wald von Arden flieht, wohin bereits ihr Vater verbannt wurde. In dieser idyllischen Gegenwelt zu den Intrigen des Hofs stiftet sie in Männerkleidung allerlei Unruhe in unzähligen Nebenhandlungen, die aber auch trotz zahlreicher Doppelbesetzungen erfreulich übersichtlich bleiben.

Überzeugend wechselt Theresa Rose als Roselind zwischen ihrer männlichen Tarnung und der fast übertriebenen Mädchenhaftigkeit hinter der Maske. Gerade mit dem geliebten Orlando entstehen dabei einige hübsch-queere Momente. Als Rosalind ihn trifft, bleibt sie in der Männerrolle und bietet sich dem Geliebten als Testobjekt und Projektionsfläche an: „Sag’s mir als sei ich deine Rosalind.“ Das Spiel bleibt nicht bei Worten und mündet im zahmen Kuss zwischen immerhin vermeintlichen Männern.

Leider bleibt das nur ein kurzer Augenblick in einer sonst eher klischeebeladenen Travestie. Im Großen und Ganzen erweist sich die Geschlechterordnung nämlich als sehr stabil. Männer in Frauenkleidern treten als Kalauermaschinen auf – als Karikaturen hässlicher Weiber. Mitunter ist das zwar wirklich lustig, aber es ärgert dann doch, wenn billige Lacher einreißen, was eben noch zwischen Rosalind und Orlando aufblitzte. Und Ende ist dann sowieso alles dahin: Rosalind legt die Männerkleider ab und alle sortieren sich im eiligen Wer-zu-wem zurück in ihre Pärchen.

Da durfte man zwischendurch doch mehr erwarten, als der Schauplatz der einführenden Schlägerei in wärmerem Licht zum Waldboden wurde und ein Gitarren-klampfender Barde mit folkloristische 70er-Jahre-Liedermacherei zur Flucht auf Land einlud. Das war ein starker Einsteig in diese Anderswelt, wo man aneinander vorbei irrt und sich ganz ohne Verbissenheit um den Sinn des Lebens stritt.

Wenn Ensemble-Urgestein Erik Roßbander als Anführer der munteren Verbannten-Truppe das karge Leben lobt, widersprich man ihm nicht, auch wenn man seine Begeisterung sichtbar nicht teilt.

Traurig im Recht bleibt da der melancholische Philosoph Jaques, den Svea Meiken Auerbach treffsicher unaufgeregt spielt. Der hatte dem Frieden die ganze Zeit nicht getraut und sich nur für das interessiert, worauf es auch wirklich ankommt: für Freundschaft, Narren – und für die schönes Musik. Eins ist nämlich klar: Die gesellschaftlichen Verhältnisse sind hier im Wald, fernab der höfischen „Krämerseelen“, auch nicht besser. Es dreht sich doch wieder alles nur um die natürliche Autorität der Väter und Anführer.

■ Nächste Aufführungen: 18. und 23. April, Theater am Leibnizplatz