Die Frau des Coachs

LABELS Dana Fahn Luzon war ein Alien in der Fußballwelt. Jetzt hat die Partnerin von Charlton-Athletic-Trainer Guy Luzon eine Serie gedreht. Sie will den Begriff „Wifes and Girlfriends“ dekonstruieren

„Ich war ein ‚Geek Girl‘ von der Uni in Tel Aviv. Ich kannte die Bibliothek, aber im Stadion war ich noch nie“

DANA FAHN LUZON

VON TOBIAS MÜLLER

Zwei Minuten, mehr braucht Dana Fahn Luzon nicht, um klarzumachen, wer sie ist. Die Rechnung für die soeben auf die Café- Terrasse gebrachten Getränke – ihre Sache. „Ich lasse mich nicht von Männern einladen. Ich bin eine arbeitende Frau!“ Plötzlich gleitet ihr das Telefon aus der Hand. Zum wiederholten Male, wie sie sagt. Der Bildschirm, auf dem sie ihr Werk vorführen will, ist von Sprüngen übersät. Ein Lachen – und was für eins – kommt aus ihrem Mund und dann der Satz: „Siehst du, so glamourös bin ich.“

Es ist ein früher Vormittag im belgischen Liège. Dana Fahn Luzon, 36 Jahre, hat soeben die beiden Kinder in die Schule gebracht. Eigentlich wäre jetzt Zeit für einen Maniküretermin und vielleicht eine Boutiquentour mit einer reichen Freundin, oder was sonst so dem Klischee einer Spielerfrau entspricht. Nur: Dana Fahn Luzon, die Israelin, die immer noch wie eine Studentin aussieht in ihrem schlichten und zugleich stilvollen schwarzen Pulli, dem blaukarierten Hemd und der dunklen Jeans, entspricht diesem Klischee nicht. Mehr noch: Es ist ihre Mission, mit diesem Klischee gründlich aufzuräumen.

Einfühlsame Porträts

Das Werkzeug ihrer Wahl heißt „True footballers’ wives“. Eine Serie aus sieben Episoden von je 25 Minuten, die sie mit ihrem Antwerpener Partner Sancta Media produziert hat. Die Protagonistinnen firmieren in der allgemeinen Wahrnehmung als „WAGs“, als „Wifes and Girlfriends“ berühmter Kicker. Genau dieses Label will Dana Fahn Luzon ad absurdum führen. „Wie könnt ihr uns WAGs nennen?“, fragt sie. In ihren einfühlsamen Porträts zeigt sie Frauen mit „Leidenschaften, Zielen und Träumen“, die, das ist ihr wichtig, weit mehr sind als die Attribute ihrer äußeren Erscheinung.

Bewusst gräbt „True Footballers’ Wives“ also eine Schicht tiefer und stößt in Dimensionen vor, die anderen Journalisten nicht unbedingt zugänglich sind. Dana Fahn Luzon spricht in Rio mit der brasilianischen Schauspielerin Thaissa Carvalho über ihre Fernbeziehung mit Dani Alves. In Sevilla erfährt sie von Raquel Rakitic, wie die ehemalige Kellnerin den damaligen Kapitän des FC Sevilla acht Monate zappeln ließ, während deren er täglich in ihrem Café aufkreuzte. Und in der Peripherie von Staffordshire trifft sie auf Nicolle Begovic. Ihr Mann Asmir hütet das Premier-League-Tor bei Stoke City FC. Die professionelle Dressurreiterin verfolgt derweil ihr Ziel: die Olympischen Spiele 2020.

Keine Stabilität

Am Anfang dieser Entdeckungstour stehen Dana Fahn Luzons eigene Erfahrungen in der Fußballwelt. In Israel präsentierte sie Fernsehshows, während ihr Mann, Guy Luzon, die Erstligaclubs Maccabi Petach Tikwa und Bnei Jehuda aus Tel Aviv coachte. Zuletzt saß er beim U21-Nationalteam auf der Bank. Dann bekam Guy überraschend ein Angebot des belgischen Spitzenclubs Standard de Liège. Im Sommer 2013 heuerte er dort an. Dana beendete ihre TV-Aufnahmen in Israel und zog einen Monat später nach.

Zeit, sich auf Umzug und neue Umgebung vorzubereiten, hatte sie nicht. Die Frau mit Universitätsabschlüssen in Kommunikation und Ökonomie war plötzlich unsicher. Ihr fließendes Englisch nützte ihr im betont frankophonen Liège kaum, Französisch sprach sie nicht, und irgendeine Aktivität jenseits der Familie war weit und breit nicht in Sicht. „Da realisierte ich, dass Fußballerfrauen mit dieser Situation ständig konfrontiert sind. Es gibt keine Stabilität. Wenn du dich irgendwo eingelebt hast, musst du weiterziehen.“

Weil Dana Fahn Luzon in belgischen Medien offen über diese Situation sprach, brachte sie es schnell zu einiger Bekanntheit. Reflektiert und eloquent, charmant und selbstironisch – die Frau des Coachs, die inzwischen auch noch ein Psychologie-Fernstudium begonnen hatte, wurde schnell zur gefragten Interviewpartnerin. „Ich dachte, dass dies meine Chance sein könnte, etwas anderes über die Situation von Fußballerfrauen zu erzählen.“ Was ihr dabei zugutekommt, ist der frische Blick von außen, den sie sich bis heute bewahrt hat. Bevor sie ihren Mann kennenlernte, hatte sie rein gar nichts mit Fußball zu tun. „Ich war ein ‚Geek Girl‘ von der Uni in Tel Aviv. Ich kannte die Bibliothek, aber im Stadion war ich noch nie gewesen“, sagt sie. Geek, das ist englisch und bedeutet so viel wie Streber-Freak.

Unter dem rissigen Bildschirm ihres Mobiltelefons beginnt es zu vibrieren. Guy Luzon ruft aus London an, wohin ihn das Trainerkarussell Anfang des Jahres verschlug. Nach der erfolgreichen ersten Saison in Liège, in der er den Titel knapp verpasste, wurden viele Spieler verkauft, Standard fand nicht in die Spur, der Coach wurde gefeuert. Und seine Frau? „Gestrandet in Liège“, sagt sie. Sie mag die Stadt. Aber ihr Mann ist jenseits des Kanals, die Kinder sollen hier das Schuljahr beenden, und die TV-Karriere in Israel verträgt auch keine Abwesenheit. Umso wichtiger für sie, dass „True Footballers’ Wives“ einen Sender findet, der die Serie ausstrahlen will.