Jetzt dürfen auch Hauptschüler ran

AUSBILDUNG Immer weniger Betriebe bilden aus. Dennoch sind die Chancen für Bewerber gestiegen

BERLIN taz | Nur noch jeder fünfte Betrieb in Deutschland bildet aus. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der angebotenen Lehrstellen mit knapp 560.000 auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. „Ich bin besorgt über diese negative Tendenz“, sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), als sie am Mittwoch den Ausbildungsreport der Bundesregierung zusammen mit Kollegin Johanna Wanka (CDU) vorstellte.

Bundesbildungsministerin Wanka übernahm den optimistischen Part. „Die Chancen für den einzelnen Bewerber sind so groß wie nie.“ Das liege an der sinkenden Zahl der Schüler, von denen es immer mehr zum Studium zieht. Die Zahl der unbesetzt gebliebenen Lehrstellen erreichte 2014 mit über 37.000 ebenfalls einen neuen Höchststand. Scheinbar im Widerspruch dazu fanden aber fast 300.000 Schulabgänger keine Lehrstelle oder steckten in berufsvorbereitenden Maßnahmen.

Dass sich Bewerber für manche Lehrstellen gar nicht mehr interessieren, diese Erfahrung machen vor allem kleine und kleinste Betriebe. Einen besonders schlechten Ruf hat das Hotel- und Gaststättengewerbe. Nun zeigt sich die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage auch bei Mittel- und Großbetrieben, teilte das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) mit, das am Mittwoch ebenfalls seinen Report zum Ausbildungsmarkt vorlegte. „Trotzdem reagieren bisher nur wenige Betriebe mit veränderten Rekrutierungsstrategien“, bemängelt das BIBB.

Nach Auskunft des Zentralverbands des Handwerks hat jeder zweite Lehrling in einem Handwerksunternehmen keinen Abschluss oder nur einen Hauptschulabschluss. Anders die Unternehmen des Industrie- und Handelskammertags: Zwei Drittel der Betriebe, die Plätze über die IHK-Lehrstellenbörse anbieten, schließen Hauptschüler von vornherein aus, analysierte der Deutsche Gewerkschaftsbund.

„Probiert es doch auch mal mit Leistungsschwächeren“, appellierte Nahles daher an die Unternehmen. Die Bundesregierung stellt in den nächsten drei Jahren über eine Milliarde Euro zur Verfügung, um solchen Jugendlichen Brücken in die Ausbildung zu bauen. ALE