„Die Ängste nehmen“

TAZ SALON Habiba Rode hat untersucht, wie SchülerInnen Lehrerinnen mit Kopftuch bewerten

■ ist Referendarin und unterrichtet in der gymnasialen Oberstufe und in der Oberschule Deutsch und Religion. Für ihre religionspädagogische Masterarbeit hat sie die Schülersicht auf das Kopftuch und die Verbotsdebatte untersucht.

taz: Frau Rode, Sie unterrichten als Referendarin mit Kopftuch. Welche Erfahrungen machen Sie damit?

Habiba Rode: Ich habe auch schon während meines Studiums mit Kopftuch unterrichtet – die Erfahrungen von damals und jetzt sind nicht sehr unterschiedlich. Aktuell unterrichte ich in einer achten Klasse und in zwei 13. Jahrgängen: die SchülerInnen reagieren ganz normal auf mich.

Was heißt normal?

Einige sind anfangs – das legt sich ziemlich schnell – neugierig und fragen nach dem Kopftuch, ob ich das auch zu Hause trage, ob es das auch in unterschiedlichen Farben gibt oder: „Wie viele Kopftücher haben Sie?“

Und? Wie viele haben Sie?

Das weiß ich nicht. Habe ich nie gezählt: Ich weiß ja auch nicht, wie viele Socken ich habe!

Sie haben diese Erfahrungen aber auch evaluiert – mit Fragebögen?

Genau. Ich habe damit den Unterricht ganz allgemein evaluiert – welche Themen die SchülerInnen gut oder schlecht fanden, und immer auch Fragen zum Kopftuch der Lehrerin eingebaut: Wie sie das empfunden haben. Unter anderem habe ich dann meine Masterarbeit zum Thema geschrieben: Dafür habe ich eine Klasse Aufsätze über die Frage schreiben lassen, ob das Kopftuch einer Lehrkraft für sie problematisch wäre – oder nicht. Die Antwort lautet eigentlich immer: Es spielt für sie keine Rolle.

Klar, die wollten keinen Streit mit Ihnen…?

Das kann nicht der Grund sein. Bei den Fragebögen habe ich immer darauf gedrungen: Schreibt bloß keinen Namen rein! Das muss anonym bleiben. Und bei den Aufsätzen, die ich für meine Master-Arbeitet ausgewertet habe, kannten mich die SchülerInnen gar nicht. Die haben mich nie gesehen. Die Aufgabe hatte ihnen eine Kollegin für mich gestellt.

Was hat sich für Sie durchs Urteil des Bundesverfassungsgerichts geändert?

Die Perspektive. Bislang hatte ich meine Ausbildung so angelegt, dass ich gedacht habe: Im LehrerInnenberuf habe ich in Deutschland keine Chance. Das hat sich jetzt geändert.

Auch die Bildungssenatorin hat ja sofort reagiert – und verfügt: Ab sofort ist das Kopftuch erlaubt. Ist damit der Konflikt vorbei?

Leider nein. Das Urteil war eine große Überraschung und eine super Neuigkeit. Und es gibt eine Reihe von Lehrerinnen, die ihr Kopftuch im Schuldienst nicht tragen – und es jetzt können. Aber jetzt wird es darum gehen, in den Schuldienst hinein zu kommen, also sich zu bewerben, und eingestellt zu werden. Nicht, dass es so wird wie in Hamburg.

Wie jetzt – dort hat es doch nie ein Kopftuchverbot gegeben?

Genau. Aber in der Praxis sind die Bewerberinnen mit Kopftuch dort so gut wie nie eingestellt worden. Da hoffen wir natürlich, dass es in Bremen anders läuft. Das liegt aber auch mit an uns: Wir müssen da mit den Schulleitungen zusammen arbeiten – und ihnen die Ängste nehmen. Interview: bes

Podiumsdiskussion „Der neue Streit ums Kopftuch“ – taz.bremen fragt nach den Positionen der Parteien: 19 Uhr, Kulturzentrum Lagerhaus