LESERINNENPOST
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Keine gesellschaftliche Freiheit

■ Betr.: taz-Veranstaltung „Der neue Streit ums Kopftuch“ am 14. 4. 2015

Das Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgericht erscheine ihm „nicht als Lösung des Problems, sondern als denkbare Ursache von Problemen“, so der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, in einer öffentlichen Stellungnahme. Und weiter: Karlsruhe habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass „die Lehrkraft sich hier auf die Religionsfreiheit bei der Ausübung einer öffentlichen Amtstätigkeit beruft“. (...)

Das Urteil leide an einer „problematischen Beurteilung und Gewichtung des Grundrechtsschutzes der Lehrkraft in Ausübung eines öffentlichen Amtes“, könne sogar als „Anregung zur Schaffung von konkreten Gefährdungs- und Störungsszenarien“ wirken. (...) Mit anderen Worten: Nicht das Tragen eines Kopftuches gefährdet womöglich den Schulfrieden (die Behörde muss die Kopftuchträgerin sogar schützen, schließlich nimmt sie ein Grundrecht wahr), sondern der Protest derjenigen, die eine kopftuchtragende Lehrerin im Unterricht ablehnen.

Man stelle sich vor, demnächst (...) strömen Hunderte kopftuchtragende Lehrerinnen in die Schulen. Die staatliche Neutralität der Schulen in Religionsangelegenheiten wird pulverisiert, zumal auch andere Religionsgemeinschaften nachdrängen werden. Und die vielen bislang nicht kopftuchtragenden muslimischen Mädchen werden unter Druck gesetzt, sich orthodoxen Glaubensregelungen zu unterwerfen. (...)

Denjenigen, die dieses Urteil nun bejubeln, sei hier mal gesagt, dass grenzenlose und ungezähmte Glaubensfreiheit noch nie mehr gesellschaftliche Freiheit gebracht hat, sondern stets das Gegenteil. Religion ist aus Schulen und sonstigen öffentlichen Räumen fernzuhalten!  HORST ISOLA, Bremen