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: Wenig berauschend

FUSSBALL Union Berlin ertrotzt bei seinem 300. Zweitligaspiel stoisch ein 1:1 gegen VfR Aalen – und setzt beim Blick in die Zukunft weiter auf Erfahrung. U23-Team wird aufgelöst

Nein, dieses Mal ist die Nachricht vom Ende wahrlich nicht so schlimm wie im Februar 1997. „Das Ende von Eisern Union“, titelte damals eine Berliner Zeitung angesichts von drei Millionen Mark Schulden. Der Verein war eigentlich erledigt. Dass es anders kam, ist Teil des eisernen Mythos. Aus Union Berlin ist ein etablierter Zweitliga-Klub geworden, der am Sonntag sein 300. Spiel in der zweithöchsten deutschen Klasse bestritt.

Wie gut sich die Köpenicker entwickelt haben, zeigt auch der Zuspruch der Fans. Die Alte Försterei, längst zu einer romantischen Kultstätte verklärt, war, abgesehen von den leeren Stellen im Gästeblock, mit 18.623 Besuchern nahezu ausverkauft. Und das gegen den VfR Aalen, den Tabellenletzten. Man trennte sich 1:1.

Der maue Kick wird für die Zukunft von Union Berlin, das den Klassenerhalt praktisch sicher hat, nicht entscheidend sein. Die Mitteilung vom Ende vom Union-U23-Nachwuchsteam schon eher. In der Stadionzeitschrift begründet der Verein den Schritt auch damit, „die frei werdenden Mittel in die weitere Verbesserung der Infrastruktur des Nachwuchsleistungszentrums“ investieren zu wollen. Mehr eigene Talente sollen den direkten Weg in die erste Mannschaft finden und keinen „Umweg“ mehr nehmen müssen. Mit jungen, hungrigen Spielern soll es möglichst bald in Liga eins gehen.

Bislang setzt Union eher auf Erfahrung. Damit sind die Köpenicker auch gut gefahren. Sie haben in dieser Saison wieder frühzeitig die nötigen Punkte geholt, um weiterhin zweitklassig zu bleiben. Wie sie das gemacht haben, zeigten sie gegen Aalen. Sie spielten keineswegs berauschend und hätten auch als Verlierer vom Platz gehen können. In Führung waren nämlich die Gäste gegangen. Colin Quaner, Aalens schneller Angreifer, hatte nach 71 Minuten aus kurzer Entfernung getroffen. Nun hätte sich Union seinem Schicksal ergeben und weiter den bis dahin gezeigten Stiefel runterspielen können. Das Team raffte sich dann jedoch lieber auf und kam zum glücklichen Punktgewinn.

Das fand auch Berlins Trainer Norbert Düwel: „Wir sind mit dem 1:1 ganz gut bedient. Technisch versiert und taktisch flexibel waren wir heute nicht.“ Aber als es darauf ankam, hatte seine Mannschaft eben einen Gang nach oben geschaltet. Und mit Erfahrung, der nötigen Cleverness und einem Geschenk von Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus war sie zum Ausgleich gekommen. Sebastian Polter verwandelte in der 83. Minute einen Elfmeter, der nicht hätte gegeben werden dürfen.

Die Unioner hatten sich also knapp gerettet, weil sie stoisch geblieben sind. Den Rückschlag locker weggesteckt haben, wie es erfahrene Profis eben können. Häufig besser als junge, in ihren Leistungskurven anfällige Spieler. Die „frei werdenden Mittel“ investiert der Verein deshalb erst mal in zwei routinierte Neuzugänge. So stehen längst die Transfers von Stephan Fürstner (Fürth) und Benjamin Kessel (Braunschweig) fest. Beide sind 27 Jahre alt, beide gelten als solide. DAVID

JORAM