Gründe für Besetzungen gibt’s genug

REVOLUTIONÄRE 1. MAI DEMO

Es raschelt bereits im Berliner Blätterwald. Erste Prognosen werden abgegeben. „Hausbesetzung statt Steinhagel?“, fragte der Tagesspiegel in seiner Headline. Die taz titelte: „Demonstrationen ohne Ende.“

Ja, richtig erkannt. Es geht um den 1. Mai. Alle Jahre wieder ist das so: Nichts Genaues weiß man nicht. Zu vielschichtig sind die Motive, zu unterschiedlich die Leute, die sich an der sogenannten Revolutionären 1. Mai Demonstration in Kreuzberg beteiligen. Im letzten Jahr haben die Veranstalter auf dieser mehr als 20.000 Teilnehmer gezählt; die Polizei sprach von 19.000 Teilnehmern. Das waren fast doppelt so viele wie 2013 – und die größte Revolutionäre 1. Mai Demonstration der vergangenen zwanzig Jahre.

Kämpferische Aufrufe in linksradikalen Internetforen legen nahe, dass am Rande dieser Demonstration diesmal ein Haus besetzt werden könnte. Von einem „Sozialen Zentrum“, das man sich aneignen wolle, ist die Rede. Es gebe genug Häuser, die aus Spekulationsgründen leer stehen, heißt es: „Es ist an der Zeit, dass wir uns wieder mal etwas nehmen.“

Gründe, Häuser zu besetzten, gibt es in Berlin schließlich genug: Leerstand, Wohnungsnot, Mangel an Flüchtlingsunterkünfte. Sogar die Traglufthallen am Poststadion in Moabit sollen nun mindestens ein weiteres Jahr als Notlager stehen bleiben, weil Sozialsenator Mario Czaja (CDU) keinen Plan für die Unterbringung der Flüchtlinge hat.

Hausbesetzungen wären ein gutes Mittel, um auf diese Missstände hinzuweisen. Aber Vorsicht. Innensenator Frank Henkel (CDU) und Polizeipräsident Klaus Kandt haben eine neues Spielzeug: Die Vorbeugehaft ist von zwei auf vier Tage verlängert worden. Das neue Gesetz tritt am 1. Mai in Kraft und wartet auf Erprobung.

PLUTONIA PLARRE