LESERINNENBRIEFE
:

Gröblich nörgölndö Ungöhörigkeit!

■ betr.: „Ö. Der unnötige Buchstabe“, taz vom 4. 4. 15

Das Ö soll der sinnloseste Buchstabe sein? Wölch gröblich nörgölndö Ungöhörigkeit!

Zugegeben, mein Nachname existiert auch in der „oe“-Schreibweise. Diese aber kam mir schon immer wie eine Abschwächung vor, wenn ich auch auf die gelegentlich falsche Schreibung (Behördenpost oder Ähnliches) nicht ganz so empfindlich reagiere wie andere Familienangehörige – beliebter Kommentar ist hier: „Ich heiß’ nicht Po-Erschke!“

Dankbar bin ich den marienkäferhaften Punkten auf dem O aber vor allem dafür, dass sie eine Namensverwechslung mit einem Hersteller ausgesprochen hässlicher Automobile verhindern. In diesem Sinne: Löblich ist das Ö.

FRANK PÖRSCHKE, Hattingen

Hohles Gelaber

■ betr.: „Gabriel irrlichtert weiter auf Vorrat“, taz vom 7. 4. 15

Sigmar Gabriel arbeitet weiter an seiner eigenen Demontage und am Niedergang seiner Partei. Entgegen des Willens vieler Menschen in unserem Land will er die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen, und das auch noch mit einer an den Haaren herbeigezogenen Begründung.

Die Hinterbliebenen der NSU-Opfer wenden sich bei solch einem hohlen Gelaber doch nur noch ab mit Grausen. TTIP möchte er mit allen Mitteln durchboxen, obwohl die Bevölkerung sich hier klar anders positioniert. Warum Sigmar Gabriel und seine Partei bei der nächsten Bundestagswahl eine Alternative zur CDU/CSU darstellen soll, bleibt einem aufmerksamen Wähler absolut schleierhaft. MICHAEL ROLF, Nürnberg

Olaf hatte es leicht

■ betr.: „Grüne Mehrheitsbeschaffer“, taz vom 9. 4. 15

Die Selbstaufgabe der Hamburger Grünen hat nicht erst mit der SPD, sondern schon vor einigen Jahren mit der CDU begonnen. Da man im damaligen, gerade innenpolitisch zutiefst antiliberalen Bündnis mit Ole von Beust zu allererst Abschied von seinen Idealen zugunsten des reinen Machterwerbs genommen hat. Weswegen Olaf Scholz es diesmal in den Verhandlungen auch sehr einfach hatte. Obwohl kaum eine andere Metropole wie jene, die sich als „schönste Stadt der Welt“ bezeichnet, in Europa die urbanen Megatrends wie einen verbesserten Klimaschutz durch weniger Autoverkehr oder eine gelebte Digitalisierung durch öffentliche WLAN-Netze in den letzten Jahren verschlafen hat! RASMUS PH. HELT, Hamburg

Konfliktscheuer Pontifikalsozialismus

■ betr.: „Die Hartz-Reform hat Abstiegsängste ausgelöst“, taz vom 1. 4. 15

„Die Verzwergung der SPD“ hat Heribert Prantl kürzlich die ideologische Irrfahrt der untergehenden Volkspartei treffend genannt. Thorsten Schäfer-Gümbel bestätigt im Interview eindrucksvoll, dass die Trauertruppe stets zu tief zielt und zu kurz springt. Offenbar gelten die Fragen nach der stetigen Umverteilung von Macht und Reichtum „nach oben“ als tabu, die Analyse der Umverteilungssysteme als Buch mit sieben Siegeln und die persönliche Nähe zu den neoliberalen Marktmächtigen als „Sozialpartnerschaft“. Folglich bleiben die „programmatischen Themen“ der SPD sozialtechnokratisches Nachbesserungswerk, mit dem sich die Partei stets als Hase gegenüber den Igeln zur Erschöpfung läuft, ohne die Regeln des Scheißspiels erkennen, benennen und ändern zu wollen. Angst vor der fremden und der eigenen Macht als Kulturmerkmal eines saturierten und konfliktscheuen Pontifikalsozialismus, alles in allem: Denk- und Handlungsverbote pflastern den weiteren Abstieg der SPD. Denn wer seine Lage erkannt hätte, wie sollte der aufzuhalten sein? RAINER NOLTE, Bad Boll